Brüsseler Kehrtwende bei Ceta
Das europäische Freihandelsabkommen mit Kanada wird jetzt doch auch den Parlamenten der einzelnen EU-Mitgliedstaaten zur Billigung vorgelegt. Nach schärfer werdender Kritik aus einzelnen Ländern änderte die EU-Kommission jetzt ihr Vorgehen. Sie hofft, das Ceta-Abkommen bereits beim nächsten Gipfeltreffen mit Kanada im Oktober unterzeichnen zu können.ahe Brüssel – Die EU-Kommission stuft das bereits ausgehandelte Freihandelsabkommen mit Kanada nun doch nicht mehr als reines EU-Abkommen ein und holt beim anstehenden Ratifizierungsprozess damit auch die nationalen Parlamente mit ins Boot. Handelskommissarin Cecilia Malmström verwies nach einer Sitzung der EU-Kommission in Straßburg darauf, dass es zwar bei der juristischen Einschätzung bleibe, dass dieser Schritt nicht nötig sei, Brüssel aber auch weitere Verzögerungen vermeiden wolle. Ceta solle bereits auf dem EU-Kanada-Gipfel im Oktober unterzeichnet werden.EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hatte noch in der vergangenen Woche verkündet, das Handelsabkommen mit Kanada – das auch als Blaupause für TTIP, das umstrittene Abkommen mit den USA, gilt – werde nur dem Europäischen Parlament zur Abstimmung vorgelegt. Er hatte sich dabei auf ein juristisches Gutachten berufen, hatte dadurch aber massive Kritik aus Österreich, aber auch aus Deutschland auf sich gezogen. Kritiker hatten Juncker unter anderem vorgeworfen, keine Lehren aus dem Brexit-Votum gezogen zu haben.Nach den Worten von Malmström ist Ceta das bislang ehrgeizigste, modernste und fortschrittlichste Handelsabkommen, das die Europäische Union jemals ausgehandelt hat. Allein durch den geplanten sofortigen Wegfall von Zöllen würden europäische Unternehmen Hunderte von Millionen Euro pro Jahr einsparen. Hinzu komme der erleichterte Austausch von Dienstleistungen oder auch die gegenseitige Anerkennung von Ausbildungen. “Ceta bringt Wohlstand und Wachstum”, betonte Malmström. Das Abkommen sei gut für Unternehmen, aber auch für alle Bürger der EU.Vor dem Hintergrund von Kritikpunkten, die vor allem in der TTIP-Diskussion immer genannt werden, verwies die EU-Kommissarin darauf, dass gültige europäische Werte und Prinzipien aufrechterhalten würden. Standards in Bereichen wie Umwelt, Ernährung oder Gesundheit würden in Kanada und der EU ähnlich gesehen. Geografisch geschützte europäische Lebensmittel wie Tiroler Speck oder die Käsesorten Gouda und Roquefort dürfen künftig auch in Kanada nur unter diesen Namen verkauft werden.Damit es so weit kommt, müssen nun aber erst 28 nationale und mindestens 14 regionale Parlamente grünes Licht geben. Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) begrüßte die EU-Entscheidung und warb für Ceta als ein wichtiges Abkommen. Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) erklärte, Deutschland sei auf solche Abkommen angewiesen, auch weil es eine Exportnation sei.