Vor dem Flüchtlingsgipfel

Bund und Länder feilschen um Milliarden für Flüchtlinge

Beim Flüchtlingsgipfel ist ein Kompromiss schwierig: Es geht um viel Geld und um Grundsätzliches in den Finanzbeziehungen zwischen Bund und Ländern.

Bund und Länder feilschen um Milliarden für Flüchtlinge

Das große Feilschen um die Flüchtlingskosten

Beim Flüchtlingsgipfel ist ein Kompromiss schwierig: Es geht um viel Geld und um Grundsätzliches in den Finanzbeziehungen zwischen Bund und Ländern.

Von Andreas Heitker, Berlin

Wenn am Mittwoch die Ministerpräsidenten in Berlin zum großen Flüchtlingsgipfel mit der Bundesregierung zusammenkommen, geht es um viel Geld. In erster Linie sind es die steigenden Flüchtlingskosten, die insbesondere die Länder und Kommunen umtreiben. Es geht aber auch um ganz Grundsätzliches in den Finanzbeziehungen der deutschen Gebietskörperschaften – oder wie es Bremens Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD) am Montag ausdrückte: „Da prallen zwei Ebenen des Föderalismus an dieser Stelle aufeinander.“

Denn der Bund argumentiert, dass sein Anteil am gesamten Steueraufkommen in den letzten 30 Jahren schon um 10 Prozentpunkte auf nur noch 38% gesunken sei. Gleichzeitig habe allein 2021 der Bund 24,6 Mrd. Euro für Aufgaben ausgegeben, für die eigentlich Länder und Kommunen zuständig seien, über Finanzhilfen, KfW-Programme oder Ergänzungszuweisungen. „Das kann so nicht weitergehen“, heißt es in Berlin. Zudem habe der Bund schon mit der Neuordnung der Finanzbeziehungen ab 2020 die Länder um netto 4,3 Mrd. Euro pro Jahr entlastet.

Die Länder wollen dies so nicht stehenlassen. In einem Papier der Finanzministerkonferenz ist von einer „Scheindebatte“ die Rede. Die Verschiebungen beim Steueraufkommen hätten auch damit zu tun, dass Länder und Kommunen ihre Einnahmen im letzten Jahrzehnt erhöht hätten und der Bund seine Steuerquellen eben nicht gepflegt habe. Auch lägen die Ausgaben im aktuellen Bundeshaushalt 133 Mrd. Euro höher als 2019, die Zahlungen an die Länder aber nur um 11 Mrd. Euro.

Im Bereich der eigentlichen Flüchtlingskosten müssen die Länder zwar anerkennen, dass der Bund seit dem letzten Sommer rund 90% der Sozialleistungen für die gut 1 Millionen Geflüchteten aus der Ukraine übernimmt, wofür 2023 rund 5 Mrd. Euro veranschlagt werden. Die Ministerpräsidenten verweisen aber darauf, dass die zusätzlichen Kosten für Kitas, Schulen und Integrationsmaßnahmen davon nicht abgedeckt werden.

Hinzu kommt: 2022 kamen fast 80% der nach Deutschland Geflüchteten aus der Ukraine. Dies ändert sich gerade, da die Zahl der Ukrainer im Land aktuell in etwa konstant bleibt, die Zahl der übrigen Flüchtlinge im ersten Quartal aber um 80% gegenüber dem Vorjahr gestiegen ist. Die 2022 registrierte Zahl von 218.000 Asyl-Erstanträgen von Nicht-Ukraine-Flüchtlingen dürfte in diesem Jahr deutlich übertroffen werden – auch wenn sie längst nicht an das Niveau von 2015/16 heranreichen wird.

Die Länder hoffen, auf dem Flüchtlingsgipfel dem Bund zumindest abzuringen, die Kosten für Unterkunft und Heizung für alle Flüchtlinge komplett zu übernehmen. Derzeit trägt der Bund gut zwei Drittel dieser Kosten, was sich auf 4 Mrd. Euro im Jahr summiert, und ist nicht bereit zum Aufstocken. Denn das Thema Unterbringung, so wird in Berlin betont, ist laut Gesetz eigentlich alleinige Angelegenheit von Ländern und Kommunen.

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.