Aufsatz im Monatsbericht

Bundesbank fordert Eingriff in die Rentenversicherung

Die Belastung der Rentenversicherung bei früherem Rentenstart als gesetzlich vorgesehen wird immer größer. Die Bundesbank hält in diesem Fall höhere monatliche Abschläge für notwendig.

Bundesbank fordert Eingriff in die Rentenversicherung

Bundesbank fordert Anpassung bei Rente

Abschläge bei früherem Rentenstart zu niedrig, Zuschläge für späteren Beginn zu hoch

lz Frankfurt

Die Bundesbank hält die Abschläge auf die monatliche Rente bei einem früheren Rentenbezug für zu niedrig, und die Zuschläge bei späterem Rentenbeginn für zu hoch. In einem Aufsatz im neuen Monatsberichts verweisen die Autoren darauf, dass die Ab- und Zuschläge seit deren Festlegung im Jahr 1992 unverändert gelassen worden seien, obwohl sich die Rahmenbedingungen seither deutlich verändert hätten: Die Lebenserwartung für heute 65-Jährige sei um gut drei Jahre gestiegen, und das gesetzliche Rentenalter liege aktuell gut ein Jahr höher als damals.

Wenn jemand früher in Rente geht als gesetzlich vorgesehen, belastet dies die Rentenversicherung unter den aktuellen Bedingungen also stärker als nötig, was in Beitragssteigerungen münden könnte; und auch der Staat muss höhere Zuschüsse leisten.

Höhere Beiträge?

Im Moment liegt der Rentenabschlag für eine Person des Jahrgangs 1964 bei 0,3% pro Monat bei frühestem Rentenbeginn mit 63 Jahren, was kumuliert bis zum Rentenstart die Rente um 14,4% mindert – bis zum Lebensende. Dieser Prozentsatz liegt nach Angaben der Bundesbank um 4,5 Prozentpunkte zu niedrig, würde man ihn an die veränderten Rahmenbedingungen angleichen wollen. Die Ökonomen schlagen daher vor, den Abschlag auf 0,37% anzupassen, was dann eine Minderung der monatlichen Rente um knapp 18% ergeben würde.

Umgekehrt liegen auch die Zuschläge für einen späteren Rentenbeginn den Berechnungen zufolge zu hoch. Bei einem um zwei Jahre aufgeschobenen Rentenzugang steigen die Zuschläge auf kumuliert 12% und wären damit um 1,5 Prozentpunkte zu hoch gemessen an neutral wirkenden Sätzen.

Viel spricht nach Angaben der Bundesbank auch dafür, die Ab- und Zuschläge nach dem Abstand zum gesetzlichen Rentenalter zu staffeln: „Feste Prozentsätze sind zwar einfacher zu kommunizieren. Allerdings berücksichtigen sie damit den Einfluss des Rentenzugangszeitpunkts nicht systematisch.“

Frühen Rentenstart erschweren

Entscheidend wäre nach Darlegungen der Bundesbank aber, das Erwerbsleben insgesamt durch einen noch späteren Rentenbeginn zu verlängern, um die Belastung der Rentenversicherung zu senken. Zudem müssten die vorgezogene Renten ohne Abschläge nach 45 Versicherungsjahren weiter nach hinten verschoben werden. Denn Statistiken zeigten, dass sich die Rentner sehr stark an diesen Marken orientierten.

Allerdings haben sich Union und SPD in ihrem Koalitionsvertrag darauf verständigt, dass Beschäftigte nach 45 Berufsjahren weiter wie bisher vorzeitig in Rente gehen können und das Rentenalter von 67 Jahren nicht weiter erhöht wird. Zugleich will die Koalition erreichen, dass ältere Menschen möglichst lange berufstätig bleiben. Eine „Aktivrente“ soll helfen: Wer das gesetzliche Rentenalter erreicht und freiwillig weiterarbeitet, soll beim Gehalt bis zu 2.000 Euro im Monat steuerfrei erhalten.

Gefahr von Mitnahmeeffekten

Diese Pläne hält die Bundesbank für wenig durchschlagkräftig. Für längere Erwerbsleben sei es „umso bedeutsamer, das gesetzliche Rentenalter (für die Zeit nach 2031) und die Altersgrenze für den frühestmöglichen Rentenzugang an die Lebenserwartung zu koppeln und die vorgezogene abschlagsfreie Rente zu beenden“, schreibt die Bundesbank. Zumal bei der betreffenden Personengruppe Umfragen zufolge weniger finanzielle Motive im Vordergrund stünden, sondern mehr der Spaß an der Arbeit oder soziale Aspekte. Die Ökonomen erwarten daher eher „Mitnahmeeffekte“ als eine Entlastung des Rentensystems.

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