Autogipfel ohne konkrete Beschlüsse

Bundesregierung will in Brüssel für Aufweichung des Verbrenner-Aus 2035 kämpfen

Der Autogipfel im Kanzleramt ist mit Bekenntnissen zur E-Mobilität und zum Autostandort Deutschland, aber ohne konkrete Beschlüsse zu Ende gegangen. Die Koalition will neue Kaufanreize für E-Autos auf den Weg bringen.

Bundesregierung will in Brüssel für Aufweichung des Verbrenner-Aus 2035 kämpfen

Koalition will Verbrenner-Aus aufweichen

Merz will einen harten Schnitt 2035 verhindern – Autogipfel bleibt ohne Beschlüsse – Neue Kaufanreize für E-Autos

Der lang erwartete Autogipfel im Kanzleramt ist mit Bekenntnissen zur E-Mobilität und zum Autostandort Deutschland, aber ohne konkrete Beschlüsse zu Ende gegangen. Die Koalition will neue Kaufanreize für E-Autos auf den Weg bringen und sich in Brüssel für eine Aufweichung des Verbrenner-Aus einsetzen.

ahe Berlin

Bundeskanzler Friedrich Merz drängt auf eine Aufweichung der europäischen Vorgaben zum Verbrenner-Aus. „Einen harten Schnitt 2035 darf es nicht geben“, sagte der CDU-Chef am Donnerstag im Anschluss an den Autogipfel in Berlin. Merz verwies auf Schätzungen, wonach bis 2035 im Pkw-Bereich lediglich eine Marktdurchdringung mit Elektrofahrzeugen von 50% erreichbar sei. Nötig sei eine Öffnung der EU-Gesetzgebung und mehr Flexibilität. Dies werde er bereits auf dem nächsten EU-Gipfel in zwei Wochen thematisieren.

Die Europäische Kommission hatte ebenfalls bereits angekündigt, die Überprüfung der CO₂-Flottengrenzwerte für Pkw und leichte Nutzfahrzeuge vorzuziehen. Die Brüsseler Behörde will hierzu noch Ende 2025 konkrete Vorschläge vorlegen. Der europäische Automobilverband Acea hatte in dieser Woche ebenfalls schon erklärt, die EU-Ziele für 2030 und 2035 seien nicht erreichbar.

Auch Klingbeil wirbt für mehr Flexibilität

Innerhalb von Union und SPD ist das Thema Verbrenner-Aus nach wie vor umstritten. Auch im Koalitionsausschuss im Vorfeld des Autogipfels hatte es dazu keine Verständigung gegeben. „Wir werden innerhalb der Bundesregierung schnelle Entscheidungen treffen müssen", sagte SPD-Co-Chef und Bundesfinanzminister Lars Klingbeil nach dem Gespräch mit Vertretern der Automobilbranche, den Gewerkschaften und Ministerpräsidenten der betroffenen Bundesländer. Allerdings warb auch Klingbeil für mehr Flexibilität in der EU-Regulierung.

Dies betreffe die Frage von Plug-In-Hybriden, sogenannte Range Extender und Beimischung neuer Kraftstoffe. „Das ist für uns auch ein Weg, den wir für absolut gangbar halten“, betonte Klingbeil. Auf dem Gipfel sei aber auch klar geworden: Niemand stelle den Weg der Elektromobilität oder die Klimaziele in Frage.

Steuerbefreiung bis 2035

Klingbeil kündigte an, eine Verlängerung der Kfz-Steuerbefreiung für reine E-Autos bis 2035 rasch auf den Weg zu bringen. Konkrete Hilfen vereinbarte die Bundesregierung bereits zur Ankurbelung der E-Auto-Nachfrage. Mit Mitteln des EU-Klimasozialfonds zuzüglich von 3 Mrd. Euro aus dem Klima- und Transformationsfonds (KTF) sollen bis 2029 künftig gezielt Haushalte mit kleinem und mittlerem Einkommen beim Umstieg in klimaneutrale Mobilität unterstützt werden. Dies wurde im Koalitionsausschuss beschlossen.

Umweltminister Carsten Schneider verwies drauf, dass damit auch ein Anreiz für Autobauer gesetzt werde, mehr kleine und erschwingliche Elektroautos auf den Markt zu bringen. Die Präsidentin des Automobilverbands VDA, Hildegard Müller, warnte dagegen, kurzfristige Strohfeuer würden niemandem helfen - weder den Verbrauchern, noch der Industrie oder den Klimaschutz. Müller betonte nach dem Gipfel, die Bundesregierung müsse in Brüssel mit starker und geeinter Stimme nach Lösungen suchen. Strafzahlungen der Unternehmen müssten unbedingt vermieden werden.

Chancen durch autonomes Fahren

Die Bundesregierung kündigte nach dem Gipfel an, sich auf den weiteren Ausbau der Ladeinfrastruktur im Rahmen des E-Auto-Hochlaufs zu konzentrieren sowie auf den Aufbau eines leistungsfähigen Batterie-Ökosystems, wozu insbesondere die Batteriezellen-Forschung gehöre. Auch biete der Bereich autonomes und vernetztes Fahren zusätzliche Chancen für den Automobilstandort.

Der Digitalverband Bitkom forderte Bund und Länder in diesem Zusammenhang auf, jetzt skalierbare Modellregionen für das autonome Fahren aufbauen und so das Ziel aus dem Koalitionsvertrag umsetzen, Deutschland zum Leitmarkt für diesen Bereich zu machen.

Stimmung in der Branche weiter gesunken

Die Stimmung in der Autoindustrie war in den vergangenen Wochen wieder gesunken. Der Geschäftsklimaindex für die Branche fiel nach Angaben des Ifo Instituts im September um weitere 5,7 Punkte auf minus 21,5. In den beiden vorhergehenden Monaten war der Index noch deutlich gestiegen. Nach Ifo-Einschätzung ist an der Entwicklung auch die Koalition in Berlin nicht unschuldig. „Hier schimmern erste Anzeichen der Enttäuschung über die neue Bundesregierung durch“, sagt Ifo-Branchenexpertin Anita Wölfl. Die Unternehmen hätten gehofft, die Regierung werde durch wesentliche Strukturreformen den Standort wettbewerbsfähiger machen. „Diese Hoffnungen sehen sie bislang nicht bestätigt.“