Zuwanderung

Bundestag beschließt Chancen-Aufenthalts­recht

Die Ampel-Koalition will Asylverfahren beschleunigen und die Zuwanderung fördern. Ein erster Schritt ist nun gemacht. Auch das Jahressteuergesetz passierte den Bundestag. Allerdings mit „Wermutstropfen“, so Bundesfinanzminister Christian Lindner.

Bundestag beschließt Chancen-Aufenthalts­recht

ast/Reuters Frankfurt/Berlin

Der Bundestag hat den ersten Schritt auf dem Weg zu mehr Zuwanderung nach Deutschland gemacht: Nach einem heftigen Schlagabtausch zwischen der Ampel-Koalition und Innenpolitikern der Opposition hat er das sogenannte Chancen-Aufenthaltsrecht verabschiedet. Es soll gut integrierten Ausländern, die schon mehrere Jahre ohne gesicherten Status in Deutschland leben, eine Perspektive in Deutschland bieten. Auch steuerliche Erleichterungen fanden ihren Weg durchs Parlament.

Auf Betreiben der Ampel-Koalition soll künftig, wer zum Stichtag 31. Oktober 2022 fünf Jahre im Land lebt und nicht straffällig geworden ist, 18 Monate Zeit bekommen, um die Voraussetzungen für einen langfristigen Aufenthalt zu erfüllen. Dazu gehören etwa Deutschkenntnisse und die Sicherung des eigenen Lebensunterhalts. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) erklärte: „Die bisherige Praxis der Kettenduldungen beenden wir. Damit beenden wir auch die oft jahrelange Unsicherheit für Menschen, die schon längst Teil unserer Gesellschaft sind.“

Die Debatte über das Vorhaben und die anschließende Abstimmung mit 20 Enthaltungen aus der Unionsfraktion offenbarte, dass sich vor allem CDU-Abgeordnete, die über Jahre eng mit der früheren Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zusammengearbeitet haben, nicht so klar gegen die Reformen von SPD, Grünen und FDP in der Asyl- und Migrationspolitik positionieren wollen wie die Innenpolitiker der Unionsfraktion. Die namentliche Abstimmung war von der Ampel-Koalition beantragt worden, wohl um die Meinungsverschiedenheiten in der Unionsfraktion deutlich zu machen.

In der abschließenden Beratung warfen Abgeordnete der Union der Ampel-Koalition vor, mit ihrem geplanten Chancen-Aufenthaltsrecht abgelehnte Asylbewerber zu belohnen, die über Jahre nicht zu einer Klärung ihrer Identität beigetragen hätten. Sie stünden am Ende besser da als ehrliche Ausländer, die ihre Identität offenlegten und dadurch leichter abgeschoben werden könnten. Für gut integrierte langjährig Geduldete gebe es heute schon genügend Ausnahmen und pragmatische Lösungen.

Das Chancen-Aufenthaltsrecht hält zwar im Grundsatz daran fest, dass nur dann ein Aufenthaltstitel erteilt werden soll, wenn die Identität geklärt ist. Allerdings besteht die Möglichkeit auch dann, wenn ein Ausländer „die erforderlichen und ihm zumutbaren Maßnahmen für die Identitätsklärung ergriffen“ hat. Der Bundestag stimmte zudem auch für schnellere Asylverfahren. Die Regelüberprüfung durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) wird abgeschafft. Die Überprüfung soll künftig nur noch „anlassbezogen“ erfolgen.

Lindner: „Wermutstropfen“

Zum neuen Jahr treten zudem umfassende Steueränderungen in Kraft. Steuerliche Erleichterungen soll es künftig unter anderem für Solaranlagen, für Arbeitnehmer und im Wohnungsbau geben. Mineralölkonzerne sollen zudem befristet einen „Energiekrisenbeitrag“ leisten. Der Bundesrat muss dem Jahressteuergesetz noch zustimmen. Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) schrieb auf Twitter, das Gesetz enthalte einige „Wermutstropfen“, aber vor allem gute Nachrichten. Schenken und erben werden allerdings teurer. Lindner sprach von einer Steuersenkung durch höhere Pauschalen und nannte etwa Steuervereinfachung beim Homeoffice.