GesprächFritzi Köhler-Geib

„Central Banking ist Technologie“

Ein eigenes Rechenzentrum, der Betrieb einer privaten Cloud-Umgebung, KI und Quantencomputing: Die tägliche Arbeit der Bundesbank ist nach den Worten von Vorständin Fritzi Köhler-Geib eng mit Technologie verzahnt.

„Central Banking ist Technologie“

Im Gespräch: Fritzi Köhler-Geib

„Central Banking ist Technologie“

Die Bundesbank-Vorständin über private und öffentliche Cloud, den digitalen Euro und Souveränität

Ein eigenes Rechenzentrum, das Target-System als Zahlungsverkehrsinfrastruktur, der Betrieb einer privaten Cloud-Umgebung, Einsatz von KI und Quantencomputing: Die Arbeit der Bundesbank ist nach den Worten von Vorständin Fritzi Köhler-Geib eng mit Technologie verzahnt.

fed Frankfurt

„Auf vielfältige Art ist die Arbeit der Bundesbank im Kern technologisch geprägt“, erklärt Fritzi Köhler-Geib, Vorständin der Deutschen Bundesbank. „Central Banking ist Technologie“, lautet ihr Resümee nach gut einem Jahr im Führungsgremium der Notenbank.

Zur Untermauerung ihrer These führt Köhler-Geib im Gespräch mit der Börsen-Zeitung eine ganze Reihe von Hinweisen auf. So betreibe die Bundesbank ihr eigenes Rechenzentrum – ebenso wie eine private Cloud-Umgebung und mit dem Target-System eine technische Infrastruktur für den europäischen Zahlungsverkehr. Die Währungsbehörde arbeite zudem in einem Team an Quantencomputing und setze an vielen Stellen Künstliche Intelligenz ein. Die Nutzung von KI sei hilfreich, um zum Beispiel im Meldewesen den Aufwand für die Finanzinstitute zu reduzieren.

Die Zukunft des Finanzwesens mitgestalten

IT, Daten und Statistik, Forschung und Risikocontrolling seien wichtige Schlüssel, um die Weiterentwicklung der Bundesbank „hin zu einer anpassungsfähigen und modernen Zentralbank“ zu unterstützen. „Dabei haben wir drei Schwerpunktziele“, erläutert die Bundesbankerin: Erstens die Zukunft des Finanzwesens mitzugestalten, zweitens Daten einfacher und schneller verfügbar zu machen und drittens die Bundesbank zu digitalisieren.

Die Zukunft des Finanzwesens mitzugestalten, das bedeute zum Beispiel, dass sich die Bundesbank am Aufbau und dem Betrieb des digitalen Euro beteilige und durch Forschung den Einfluss von Krypto-Assets und Nichtbank-Finanzintermediären auf die Finanzwelt und Geldpolitik untersuche. Und Daten einfacher verfügbar zu machen, heiße beispielsweise, dass die Statistiker der Behörde aus der Zusammenschau bestehender Datenbestände Lösungen finden, um die meldenden Institute zu entlasten.

Beitrag zum Bürokratieabbau

„Gleichzeitig möchten wir unseren Beitrag zum Bürokratieabbau leisten und den Finanzinstituten helfen, Aufwand und Kosten zu senken“, sagt die promovierte Ökonomin und führt als Belege einige Beispiele an: Die Bundesbank habe die Meldegrenze für grenzüberschreitende Finanztransaktionen von 12.500 auf 50.000 Euro hochgesetzt. Sie habe mit ihren Anregungen bedeutend dazu beigetragen, dass die Bundesgesetzgeber gerade dabei seien, das Millionenkreditmeldewesen einzustellen. Nicht zuletzt, weil die Bundesbank davon überzeugen konnte, dass viele Daten ohnehin über die Meldeanforderungen der EZB erhoben würden.

Angesprochen auf die Forschungsarbeiten der Bundesbank hebt die Vorständin hervor, dass mit Blick auf die technologischen Entwicklungen auch Stablecoins relevant seien. Viele Stablecoins seien über den US-Geldmarkt besichert. Daraus ergäben sich Fragen rund um die Folgen für konventionelle Märkte. Die Bundesbank beobachte diese Entwicklungen wachsam. Ein Großteil der Stablecoins sei mit Dollar-denominierten Assets hinterlegt. Perspektivisch könnte sich diese Entwicklungen im digitalen Raum auf die Realwirtschaft auswirken. Forschung zeige, dass ein höherer Anteil in Fremdwährung denominierter Preise und Löhne in einem Währungsraum die Handlungsfähigkeit einer Zentralbank beeinträchtigen könne. Das sei ein Grund, warum es wichtig sei, diesen Entwicklungen ein digitales europäisches Zentralbankgeld entgegenzusetzen, also sowohl den digitalen Euro als auch Wholesale CBDC.

Eine Frage der Souveränität

Insofern sei der digitale Euro ein Beitrag zur Souveränität. „Mich erinnert das oft an einen Besuch mit meiner Familie in der amerikanischen Münzpräge in Philadelphia“, erzählt Köhler-Geib. Dort werde eindrücklich dargestellt, dass die Gründungsväter der USA sich gegen die Weiterverwendung des Pfund Sterling und für die Einführung einer eigenen Währung, den Dollar, entschieden haben, weil sie diese als ein zentrales Element von Souveränität ansahen.

„Als Bundesbank betreiben wir eine private Cloud“, berichtet die frühere KfW-Chefvolkswirtin weiter. Die Bundesbank nutze aber auch eine öffentliche Cloud für nicht-geschäftskritische Anwendungen. „Das machen wir, weil die Cloud-Technologien es uns ermöglichen, Innovationen umzusetzen und von Know-how zu profitieren, das unser Erfahrungswissen erweitert.“

Notenbanken bündeln Nachfrage

In Europa komme es darauf an, neue Technologien in Produktion zu bringen, denn Europa befinde sich in einer guten Ausgangslage, um vorn mitzuspielen. Bei Cloud-Dienstleistungen werde das schwer, aber beispielsweise bei Quantencomputing oder Künstlicher Intelligenz sei das möglich. Vor diesem Hintergrund befinde sich die Bundesbank im Austausch mit anderen Zentralbanken in Europa. „Wir wollen Nachfrage bündeln und dann gemeinsame Rahmenverträge abschließen, sodass wir Nachfrage für europäische Anbieter, die sich noch etablieren müssen, sicherstellen können.“ Damit könne die Bundesbank die Bereitschaft steigern, in Europa in Technologie zu investieren – denn auch das sei wichtig, um Souveränität zu stärken.

Von Detlef Fechtner, Frankfurt