Geopolitik

China setzt Manöver rund um Taiwan fort

Am Montag setzten die chinesischen Streitkräfte ihre ursprünglich für den Zeitraum von Donnerstag bis Sonntag angekündigten Übungen unter et­was veränderten Bedingungen fort.

China setzt Manöver rund um Taiwan fort

nh Schanghai

China will mit einer zeitlichen Ausdehnung der als Reaktion auf den Taiwan-Besuch der US-Politikerin Nancy Pelosi begonnenen militärischen Manöver rund um die Insel Taiwan den Druck auf die Re­gierungen in Taipeh und Washington erhöhen. Am Montag setzten die chinesischen Streitkräfte ihre ursprünglich für den Zeitraum von Donnerstag bis Sonntag angekündigten Übungen, mit denen ein Angriff auf die unabhängig regierte, aber völkerrechtlich China zugeordnete Insel simuliert werden soll, unter et­was veränderten Bedingungen fort.

US-Präsident Joe Biden drückte dennoch am Montag Zuversicht aus, dass China die Spannungen mit Taiwan nicht weiter eskalieren werde. Am Rande einer Visite in Überschwemmungsgebieten im Bundesstaat Kentucky erklärte Biden auf Fragen von Journalisten zur Taiwan-Situation, er sei besorgt über die bisherige Vorgehensweise Chinas, er­warte aber nicht, dass es zu weiterführenden Aktionen komme.

Trotz der Gefahr weiterführender Behinderungen durch chinesische Manöver haben derweil Handelsschiffe wieder begonnen, die stark frequentierte Route durch die Taiwan-Meerstraße zu befahren. Zu­dem sollen Öl- und Flüssiggastanker wieder in der Lage sein, an taiwanesischen Ladeterminals anzudocken. In den Tagen nach dem Besuch Pelosis am vergangenen Mittwoch sahen sich die Reedereien gezwungen, teure und zeitraubende Umgehungsrouten zu nutzen. Allerdings betonen Seefrachtexperten, dass Chinas Re­gierung be­müht sein dürfte, die militärische Machtdemonstration mit ei­genen wirtschaftlichen Interessen auszutarieren und ernste Behinderungen der auch für Chinas Industrie wichtigen Route zu minimieren.

Laut einer Mitteilung des Oberkommandos der chinesischen Streitkräfte werden nun Anti-U-Boot-Maßnahmen und andere von der Marine verantwortete Übungen auf unbestimmte Zeit ihren Gang nehmen. Gleichzeitig kündigte Peking ab Mitte August neue umfangreiche und über mehrere Wochen laufende Manöver in von Taiwan weiter entfernten Seegebieten zwischen China und der Koreanischen Halbinsel an.

Chinesischen Experten zufolge sollen die Maßnahmen zum einen signalisieren, dass China die als Provokation der USA aufgefasste Pelosi-Visite zum Anlass nimmt, künftig eine wesentlich sichtbarere militärische Präsenz in der Taiwan-Meerstraße aufzubieten. Zum anderen sollen sie bedeuten, dass China eine direkte kriegerische Konfrontation mit den USA nicht länger scheut. Seitens der taiwanesischen Regierung hieß es, Peking versuche auf brutale Weise die regionale Friedensordnung und Stabilität zu untergraben. Taiwan werde sich aber keineswegs dem Druck beugen und sei auf alle militärischen Eventualitäten vorbereitet.

Taipeh dämpft Sorgen

Was die wirtschaftlichen Aspekte der chinesischen Maßnahmen mit einer zunächst weitreichenden Im­portsperre für taiwanesische Agrargüter- und Lebensmittelexporte auf das chinesische Festland angeht, dürfte diese gemäß einer Einschätzung des taiwanesischen Finanzministeriums zunächst relativ geringe negative Effekte zeitigen. Man gehe auch nicht davon aus, dass Peking weitergehende Sanktionen gegenüber taiwanesischen Unternehmen verhänge, weil dies auch dem Festland aufgrund seiner erheblichen wirtschaftlichen Verzahnung mit Taiwan schaden würde. Dabei bezieht sich das Ministerium in Taipeh vor allem auf die Stärke der taiwanesischen Elektronikwaren- und Chipindustrie als wichtigster chinesischer Bezugsquelle für Halbleiterprodukte.

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