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China will Piketty nicht mehr lesen

Börsen-Zeitung, 2.9.2020 Der französische Starökonom Thomas Piketty hat mit seinem epochalen Werk "Kapital im 21. Jahrhundert" vor Jahren einen Hit gelandet. Auch in China, wo der Staatspräsident den 700-Seiten-Schmöker allein schon wegen der...

China will Piketty nicht mehr lesen

Der französische Starökonom Thomas Piketty hat mit seinem epochalen Werk “Kapital im 21. Jahrhundert” vor Jahren einen Hit gelandet. Auch in China, wo der Staatspräsident den 700-Seiten-Schmöker allein schon wegen der gewandten Kapitalismuskritik goutierte und als “must-read” bezeichnete. Entsprechend flott ließ sich das Buch in chinesischer Übersetzung vermarkten. Pikettys neues Werk “Kapital und Ideologie” wird in Fachkreisen erneut gerühmt. Es geht um das Thema der Einkommensdisparitäten und der klaffenden Lücke zwischen Reich und Arm. Dabei wird auch das Reich der Mitte erwähnt. In der neuen Ära des Sozialismus mit chinesischen Charakteristika dürfen Ökonomen zwar Erfolge in Sachen Armutsbekämpfung rühmen, die wachsende Kluft zwischen Superreichen und Habenichtsen aber ist ein Tabuthema. Ergo haben Chinas Zensoren Piketty gebeten, anstößige Passagen für die chinesische Edition zu streichen. Damit ist der Autor nicht einverstanden. Mit gewandter Sozialismuskritik ist in China kein Bestseller-Reichtum zu holen.nh