Chinas Deflationsgefahren treten in den Vordergrund
Trotz handelspolitischer Turbulenzen hat Chinas reales Wirtschaftswachstum im zweiten Quartal nur geringfügig von 5,4% auf 5,2% eingebüßt. Das liegt noch über dem offiziellen Wachstumsziel für das Bruttoinlandsprodukt (BIP) von 5%. Die solide Performance beruhigt nur oberflächlich, denn Deflationsgefahren, die längerfristig an Chinas Wachstumskräften nagen, werden sichtbarer. Das preisbereinigte BIP kam zuletzt nur um 3,9% voran. Vom Pandemieschock abgesehen ist das der niedrigste Ausweis seit über 30 Jahren.
Deflation auf breiter Front
Das Problem spiegelt sich im BIP-Deflator wider, dem breitestem Maß für die Preisentwicklung in einer Volkswirtschaft. Er befindet sich das neunte Quartal in Folge im Minus, die längste entsprechende Durststrecke in Chinas Wirtschaftsgeschichte. Eine anhaltende Deflation kann eine gefährliche Spiralwirkung auslösen. Dies passiert, wenn sich Verbraucher in Erwartung weiter fallender Preise zurückhalten, worunter dann Dienstleistungssektor und Industrie leiden, was den Spielraum für Preiserhöhungen senkt.

Knackpunkt Immobilienmarkt
Chinas Konsumpreisindex klebt nahe an der Nullmarke, während die Erzeugerpreise stärker auf Talfahrt gehen. Der Anteil der Verluste schreibenden Industrieunternehmen liegt mit 23% auf dem höchsten Stand seit der Jahrtausendwende. Dies drosselt das Wachstum der Lohneinkommen und engt den Konsumspielraum der privaten Haushalte ein. Die wichtigste Quelle für Vermögenszuwächse, aus der sie Wirtschaftsoptimismus und Konsumbereitschaft schöpfen, ist mit der Immobilienkrise versiegt. Die durchschnittlichen Wohnungspreise zeigen immer weiter nach unten. Erst wenn hier die Wende geschafft wird, lassen sich Chinas längerfristige Wachstumsperspektiven wieder zuversichtlicher einschätzen.