China-Konjunktur

Chinas Wirtschaft kühlt auf allen Ebenen ab

In China verlangsamt sich das Wachstum der Industrieproduktion und der Einzelhandelsumsätze. Bei den Sachinvestitionen sieht man wegen strukturpolitischer Faktoren gar eine scharfe Bremse.

Chinas Wirtschaft kühlt auf allen Ebenen ab

Chinas Wirtschaft kühlt auf allen Ebenen ab

Industrie verliert an Dynamik – Konsum erlahmt wieder – Kampf gegen Überkapazitäten lässt Investitionen schrumpfen

nh Schanghai

Chinas Wirtschaftsleistungsdaten für August fallen bei Produktion, Konsum und Anlageinvestitionen erneut mäßig aus. In der weltweit zweitgrößten Volkswirtschaft macht sich seit Jahresmitte eine deutliche Abkühlung breit, die Fragen nach neuerlichem fiskalischen und eventuell auch monetären Stimulierungsbedarf aufkommen lässt.

Wachstumsziel ade?

Das für 2025 angestrebte Wachstumsziel bei 5% ist angesichts eines Anstieg des Bruttoinlandsprodukts (BIP) in der ersten Jahreshälfte von 5,3% noch nicht unmittelbar in Gefahr, gerät aber wieder in die Diskussion. Sollte sich die Entschleunigung im September weiter fortsetzen, rechnen China-Ökonomen mit energischeren Anregungsmaßnahmen im Schlussquartal.

Mittlerweile zeichnet sich insbesondere auf Ebene der Investitionen für öffentliche Infrastrukturprogramme Nachholbedarf ab. Seit Jahresmitte ist auch das Wachstum der Investitionen im Industriesektor stärker zurückgekommen, während die Investitionen im Immobiliensektor unvermindert weiter abbröckeln.

Tempoverlust in der Industrie

Die neuen Daten des Pekinger Statistikbüros vom Montag fallen durchweg enttäuschend aus. Die Industrieproduktion stellt sich mit einem Anstieg um 5,2% im Vergleich zum Vorjahresmonat zwar immer noch robust dar, überall sieht man einen klaren Tempoverlust nach zuvor 5,7% Wachstum im Juli. Die Analysten hatten nur eine geringe Entschleunigung mit noch 5,6% Wachstum für August auf dem Zettel. Über die erste Jahreshälfte hinweg hingegen war der Output im Verarbeitenden Gewerbe unerwartet kräftig um 6,4% geklettert.

Subventionswirkung verpufft

Chinas forcierte Kampagne zur Konsumanregung mit Verbrauchersubventionen für E-Autos, Konsumelektronik und Haushaltsgeräte konnte den Einzelhandel im Frühjahr zwar deutlich anschieben. Sie scheint nun aber rasch an Wirkung zu verlieren. Das Wachstum der Einzelhandelsumsätze als wichtigstem Konsumindikator expandierte im August nur noch um 3,4%. Dies ist der bislang schwächste Monatswert in diesem Jahr. Über die erste Jahreshälfte hinweg waren die Erlöse im Retailsektor dank der Subventions- und Umtauschprogramme für Haushaltsanschaffungen wesentlich flotter um 5% vorangekommen.

Kampf gegen Überkapazitäten

Als besonders negative Überraschung im Datenkranz für August erweist sich die Entwicklung der Sachinvestitionen. Sie kamen zwischen Januar und August nur um 0,5% voran. Über die ersten sieben Monate hinweg lag man noch bei einem Plus von 1,6%. Dies stellte bereits eine ungewöhnlich niedrige Zuwachsrate dar, wie man sie seit der Pandemie nicht mehr gesehen hatte. Analysten sehen eine Verbindung zu strukturpolitischen Maßnahmen mit einer neuen Kampagne zur Eindämmung von Überkapazitätsproblemen in einigen Industriesektoren.

Investitionskontrolle

Auf die überzogenen Preissenkungswettläufe und dem destruktiven Wettbewerb einer Reihe von Branchen wie den E-Auto-Bauern will Peking dämpfend einwirken. Die Lokalregierungen sind gehalten, neue Investitionsvorhaben in Sektoren mit Überkapazitäten und besonders intensivem Preiswettbewerb strenger zu kontrollieren. Dies führt schon zu einer Verringerung des Fixed Asset Investments im Fertigungsbereich. Die anhaltend schwache Entwicklung der Sachinvestitionen im krisengeschüttelten Immobiliengewerbe kommt hinzu. Sie sanken im Jahresverlauf um weitere 13%.