Chinas Wirtschaft rappelt sich wieder auf
Chinas Wirtschaft berappelt sich
BIP wächst um 4,5 Prozent im ersten Quartal – Konsum entwickelt Zugkraft – Industrie noch nicht voll im Schwung
In China beschleunigt die Wirtschaft nach dem Ende der strikten Coronapolitik etwas stärker als erwartet. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) legte im ersten Quartal um 4,5%, wobei sich vor allem der Konsum als treibende Kraft darstellt. Demgegenüber legt die Industrieproduktion etwas verhaltener als erwartet zu.
nh Schanghai
Vier Monate nach dem kompletten Ausstieg aus allen pandemischen Restriktionen beginnt die weltweit zweitgrößte Volkswirtschaft wieder auf ein gewohnteres Wirtschaftswachstum einzuschwenken. Die neuen Daten des Pekinger Statistikbüros weisen einen Anstieg des Bruttoinlandsprodukts (BIP) um 4,5 % gegenüber Vorjahr aus, eine deutliche Beschleunigung nach zuvor 2,9% Wachstum im von Corona-Restriktionen noch stark beeinträchtigten Schlussquartal 2022. Auch in sequenzieller Betrachtung ist die Belebungstendenz unverkennbar. So legte das chinesische BIP diesmal um 2,2% gegenüber dem Vorquartal zu, zuvor war mit 0,5% für chinesische Verhältnisse ein Schneckentempo angesagt.
Mit dem am Dienstag vorgelegten BIP-Zahlen wird die die Konsensschätzung der Analysten bei 4% klar übertroffen. Das liegt vor allem daran, dass die in den ersten beiden Monaten des Jahres noch erkennbare Zurückhaltung der Verbraucher nun überwunden scheint und ein gewisser Aufholeffekt beim Konsum seine Wirkung entfaltet. Dafür sprechen zumindest die am Montag begleitend veröffentlichten Monatsdaten zur Entwicklung der Einzelhandelsumsätze. Diese sind im März um 10,6% gegenüber Vorjahr in die Höhe geschnellt, was die höchste Anstiegsrate seit Juni 2021 bedeutet. Hier hatten die Experten einen geringeren Zuwachs von 7,5% auf dem Zettel. In Normalzeiten vor der Pandemie pflegte der Einzelhandel typischerweise um etwa 8% zuzulegen. Als Wermutstropfen bei den monatlichen Wirtschaftsleistungsdaten gilt allerdings die noch schleppend verlaufende Erholung im verarbeitenden Gewerbe. Im März legte die Industrieproduktion um 3,9% gegenüber Vorjahresmonat zu, was zwar als solide angesehen werden kann, aber den Schätzwert der Analysten bei 4,4% um einiges unterzeichnet.
Ein potenzieller Bremsfaktor ist auch der der Außenhandel, nachdem die chinesischen Exporte seit Herbst in den Schrumpfungsmodus übergegangen waren, um zuletzt im März dann überraschenderweise doch wieder anzuziehen. Die Experten gehen allerdings davon aus, dass die Handelsdaten vom März eher einen Ausreißer darstellen und die von einer lauen weltwirtschaftlichen Verfassung mit anhaltend hohem Inflationsdruck gebremste globale Nachfrage einer nachhaltigen Erholung der chinesischen Exportdynamik eher entgegensteht.
Bei den Anlageinvestitionen, die jeweils für das aufgelaufene Jahr berechnet werden, sieht man zum März-Ultimo einen Anstieg um 5,1%gegenüber der Vorjahresperiode, was als eher enttäuschend gilt. Hier hatten die Experten mit einem Zuwachs um 5,7% gerechnet. Im von einer gravierenden Verschuldungskrise bei führenden chinesischen Bauträgern erfassten Immobiliensektor sieht man weiterhin Zurückhaltung, so dass die Immobilieninvestitionen im ersten Quartal weiter um 5,8% geschrumpft sind.
Als einigermaßen ermutigend indes gilt eine erstmals seit zwei Jahren wieder ansteigende Tendenz bei den Verkaufsergebnissen mit Wohnimmobilien, die im ersten Quartal wertmäßig um 4,1% anzogen. Auch kam es im März zum ersten fühlbaren Anstieg der durchschnittlichen Neuwohnungspreise seit 21 Monaten. Dies gilt als willkommenes Indiz dafür, dass sich die Vertrauensblockade bei chinesischen Wohnungskäufern und damit auch die derzeit akute Liquiditätsklemme der Immobilienentwickler allmählich zu lösen beginnt. Allerdings dürfte es noch bis 2024 dauern, bis sich dies als fühlbarer Beitrag zum chinesischen Konjunkturwachstum seitens der Immobilienwirtschaft manifestiert.