Geldpolitik

Chinas Zentralbank setzt Lockerungs­impuls

Die Hausse bei den Erzeugerpreisen beeinträchtigt die Wirtschaftserholung in China. Das zwingt die Notenbank in Peking dazu, geldpolitisch ein Signal zu setzen. Die Mindestreservesätze werden gesenkt.

Chinas Zentralbank setzt Lockerungs­impuls

nh Schanghai

Sorgen um einen wieder ins Stottern geratenen chinesischen Konjunkturerholungsprozess im Gefolge der Corona-Epidemie veranlassen Pekings Wirtschaftslenker zu einer geldpolitischen Lockerungsmaßnahme. Am Freitag kündigte die People’s Bank of China eine Senkung der Mindestreservesätze für Geschäftsbanken von 0,5 Prozentpunkten an, die am Donnerstag, 14. Juli in Kraft treten soll.

Mit der Lockerung der Mindestreserveanforderung kommt es zu einer Freisetzung bei der Zentralbank geparkter Gelder der Geschäftsbanken, die damit in den Kreditvergabekreislauf eingebracht werden können. Der Liquiditätsimpuls für den chinesischen Interbankenmarkt wird auf 1 Bill. Yuan (130 Mrd. Euro) veranschlagt. Allerdings wird nicht das gesamte Volumen in Kreditvergabekanäle wandern können, denn am kommenden Donnerstag stehen auch Rückzahlungen der Banken für eine auslaufende Zentralbankkreditlinie im Rahmen der sogenannten Medium-Term Lending Facility an, mit der rund 400 Mrd. Yuan an Liquidität entzogen werden.

Peking macht Druck

Chinas Zentralbank ist im raschen Tempo einer jüngsten Aufforderung des chinesischen Staatsrates zu einer Erhöhung der Liquiditätsversorgung von chinesischen Geschäftsbanken gefolgt. Dabei hatte das Regierungskabinett das Ziel einer Ankurbelung der Kreditvergabe an kleine und mittlere Unternehmen (KMUs) zur Belebung der Wirtschaftsaktivität in den Vordergrund gestellt. Die Ankündigung vom Mittwochabend ließ zunächst vor allem chinesische Staatsanleihen anspringen, dabei rückte die Rendite auf zehnjährige Anleihen erstmals seit August 2020 wieder unter die Marke von 3%.

Eine verstärkte Schützenhilfe für kleinere Privatunternehmen im Reich der Mitte ist vor allem in Zusammenhang mit einer drastischen Erzeugerpreishausse angesagt. Der Preisanstieg bei Rohmaterialien führt zu einer Kostenbelastung insbesondere im KMU-Sektor. Im Mai war der chinesische Produzentenpreisindex von 6,8 auf 9% nach oben geschnellt – das höchste Niveau seit 13 Jahren. Der von einer globalen Rohstoffpreishausse wesentlich mit angefachte Erzeugerpreisanstieg ist zu einem beherrschenden Thema für Chinas Wirtschaftslenker geworden und gilt als ein wichtiger Beweggrund für die angeordnete monetäre Lockerung.

Die jüngsten Daten des chinesischen Statistikbüros vom Freitag zeigen allerdings, dass chinesische Regulatoren mit einer ganzen Latte von Maßnahmen zur Linderung der Rohstoffhausse einem weiteren Preisauftrieb zumindest entgegengewirkt haben. Zumindest ist der Produzentenpreisindex im Juni von 9 auf 8,8% ein klein wenig zurückgekommen. Damit verbindet sich die Hoffnung, dass die Erzeugerpreisinflation ihren Höhepunkt bereits überschritten hat und sich in der zweiten Jahreshälfte sukzessive etwas abschwächt.

Lahmer Konsum

Als weiterer konjunktureller Sorgenfaktor gilt allerdings der noch immer ungleichgewichtig wirkende Erholungsprozess der chinesischen Wirtschaft, die zwar von einem kräftigen Wachstumsschub im Industriesektor und florierendem Exportgeschäft angekurbelt wird, konsumseitig aber die gewohnte Dynamik vermissen lässt. Gegenwärtig gibt es keine Anzeichen für eine wesentliche Belebung der Einzelhandelsumsätze. Auch die Konsumpreisentwicklung deutet auf eine schwächelnde Binnennachfrage hin.

Im Juni rückte der seit Monaten auf einem untypisch niedrigen Niveau befindliche Verbraucherpreisindex auf 1,1% nach 1,3% im Mai ab. Im Gegensatz zum derzeit in den USA und anderen führenden Industrieländern zu beobachtenden Inflationsauftrieb muss man sich bei der PBOC derzeit wenig Gedanken darüber machen, dass eine monetäre Lockerung mit Preisgefahren einhergeht. Vielmehr liegt man bei 1,1% noch sehr weit hinter der offiziellen Zielmarke für den Verbraucherpreisanstieg im Jahr 2021 von 3%.