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Costa kann sich seine Partner nun aussuchen

Von Thilo Schäfer, Madrid Börsen-Zeitung, 8.10.2019 Als António Costa bei den Parlamentswahlen 2015 mit 32 % der Stimmen hinter den Erwartungen sowie der konservativen Koalition von Pedro Passos Coelho zurückblieb, forderten einige Politiker der...

Costa kann sich seine Partner nun aussuchen

Von Thilo Schäfer, Madrid Als António Costa bei den Parlamentswahlen 2015 mit 32 % der Stimmen hinter den Erwartungen sowie der konservativen Koalition von Pedro Passos Coelho zurückblieb, forderten einige Politiker der Sozialistischen Partei (PS) unmittelbar seinen Kopf. Dann gelang ihm, was noch keinem seiner Vorgänger in der PS gelungen war, nämlich den Linken Block (BE) und die Kommunisten (PCP) für die Unterstützung einer sozialistischen Minderheitsregierung zu gewinnen, allein um die Konservativen von der Macht zu verdrängen. Das Unbehagen unter Costas Parteifreunden wuchs dadurch. Generell gab in Portugal kaum jemand dieser als “geringonça” (“Klapperkiste”) bezeichneten Konstellation eine Chance.Vier Jahre und beachtliche wirtschaftliche Erfolge später wurde Costa am Sonntag mit fast 37 % der Stimmen eindeutiger Wahlsieger, klar vor der konservativen PSD mit 28 %. Mit 106 von 230 Abgeordneten im Parlament – vier Sitze sind wegen der Stimmen der Portugiesen im Ausland noch nicht vergeben – ist die PS nicht weit von der absoluten Mehrheit entfernt. Diese war das Wunschziel des Ministerpräsidenten – doch auch so zeigte sich Costa mehr als zufrieden. “Den Portugiesen gefällt die ,Klapperkiste` und sie wünschen sich eine Fortsetzung der gegenwärtigen politischen Lösung, mit einer stärkeren PS”, sagte der 58-Jährige in der Wahlnacht.Die Sozialisten sind nun seit Sonntag nicht nur uneingeschränkt die stärkste Kraft in Lissabon. Costa kann sich fortan gleich mehrerer Optionen zur Besorgung der nötigen Stimmen im Parlament bedienen. Bislang brauchte er für seinen Haushalt und andere Gesetze sowohl den Linken Block als auch die Kommunisten. Während die PCP Stimmen einbüßte, konnte der Block mit knapp 10 % sein Ergebnis vom letzten Mal halten. Die Parteiführerin Catarina Martins bot Costa eine Zusammenarbeit an. Martins versprach dem Sozialisten eine “stabile Lösung” für die gesamte Legislaturperiode auf Grundlage eines programmatischen Abkommens. Ansonsten müsse Costa “Jahr für Jahr jeden Haushalt” einzeln verhandeln.Der Regierungschef kann im Gegensatz zur letzten Amtszeit aber noch auf eine weitere Option bauen, nämlich die Enthaltung der linken Parteien bei wichtigen Abstimmungen wie dem Haushalt. Die PS stellt nämlich mehr Abgeordnete als die konservativen und rechten Parteien zusammen. Doch damit nicht genug. Der Vorsitzende der konservativen PSD, Rui Rio, bot den Sozialisten am Wahlabend eine Zusammenarbeit bei wichtigen Strukturreformen an. Bei Maßnahmen zur Verbesserung der niedrigen Produktivität der portugiesischen Wirtschaft könnte Costa eher auf die Konservativen zurückgreifen als auf die linken Partner.Der alte und zukünftige Ministerpräsident hat sich als taktischer Meister bewiesen. Costa wurde 1961 als Sohn eines Schriftstellers, der aus der indischen Kolonie Goa stammte, und einer Journalistin und Aktivistin in Lissabon geboren. Bereits mit 14 Jahren trat er in die PS ein. Nach dem Jura-Studium arbeitete er kurzzeitig als Anwalt, bevor er eine Karriere in der Politik ins Auge fasste. Costa wurde Abgeordneter im portugiesischen und im Europaparlament, wo er den Posten des stellvertretenden Präsidenten erreichte. Er bekleidete hohe Posten in verschiedenen sozialistischen Regierungen, bis zum Innenminister. Der zweifache Familienvater verließ das Kabinett 2007 und bewarb sich mit Erfolg für das Amt des Bürgermeisters seiner Heimatstadt Lissabon. Die Arbeit als Stadtoberhaupt machte ihn im ganzen Land populär. KonsolidierungskursNach dem schwachen Abschneiden der PS bei den Europawahlen 2014 eroberte Costa über eine Urwahl mit 70 % der Stimmen die Parteispitze. In den Wahlkampf ein Jahr darauf zog er mit harter Kritik gegen die Sparpolitik, die dem Land unter dem internationalen Rettungsschirm von 2011 bis 2014 aufdiktiert worden war. Zu Beginn seiner Minderheitsregierung machte er die harten Kürzungen bei Renten und Gehältern im öffentlichen Dienst teilweise rückgängig und erhöhte den Mindestlohn. Dank der guten Konjunkturlage gelang es den Sozialisten trotzdem, das Defizit unter Kontrolle zu bringen. Für das kommende Jahr plant Lissabon sogar einen Haushaltsüberschuss ein.Costa versprach im Wahlkampf, am Konsolidierungskurs festzuhalten. Doch die größtenteils von günstigen externen Faktoren, wie dem Tourismusboom und hohen ausländischen Investitionen in den Immobilienmarkt, getragene Konjunktur kühlt sich allmählich ab.