NOTIERT IN BRÜSSEL

Das Lächeln der belgischen Banker

In den vergangenen Monaten hat die belgische Finanzwirtschaft ja eher mit Negativmeldungen von sich reden gemacht: Umstrukturierungen und der Abbau Tausender Stellen produzierten Schlagzeilen. Belgiens Bankenmarkt gilt als hoch wettbewerbsintensiv....

Das Lächeln der belgischen Banker

In den vergangenen Monaten hat die belgische Finanzwirtschaft ja eher mit Negativmeldungen von sich reden gemacht: Umstrukturierungen und der Abbau Tausender Stellen produzierten Schlagzeilen. Belgiens Bankenmarkt gilt als hoch wettbewerbsintensiv. Dies darf allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Sektor heute, zehn Jahre nach der Finanzkrise, innerhalb Europas als überdurchschnittlich stabil dasteht. Faule Kredite, die zurzeit etwa den italienischen Bankensektor durchschütteln, spielen in Belgien keine besondere Rolle. Die Krisenfolgen wie auch die neuen Regulierungsanforderungen wurden gut verdaut. Dass die niederländische ING-Gruppe trotzdem 3 500 Stellen streicht und die Hälfte der Filialen in Belgien schließt, hat Landes-Chef Rick Vandenberghe im letzten Herbst damit begründet, dass man das Dach eines Hauses halt reparieren müsse, wenn noch die Sonne scheine. *Im belgischen Bankenmarkt sind insgesamt 34 Institute aktiv; acht Häuser wurden als “Domestic Systemically Important” eingestuft. Aber den Markt teilen sich heute im Wesentlichen vier Institute auf: Neben der ING gehört dazu noch die Belfius Bank – die ehemalige Dexia, die sich heute noch komplett in Staatsbesitz befindet -, der Banken- und Versicherungskonzern KBC sowie die französische BNP Paribas. Die vier Großen teilen sowohl im Einlagen- als auch im Hypothekenkreditgeschäft rund 80 % des Marktes unter sich auf. Die Struktur ist auch eine Folge der Krise. Im Herbst 2008 fand die wankende Großbank Fortis bei BNP Unterschlupf, wodurch der belgische Staat auch zum größten Einzelaktionär der Franzosen wurde. Im Mai hat die Regierung in Brüssel ein Viertel ihrer Anteile abgestoßen, ist heute aber immer noch mit knapp 8 % an BNP beteiligt.Auch bei der Belfius Bank liebäugelt die belgische Regierung aktuell zumindest mit einer Teilprivatisierung. Im Herbst 2011 hatte sie 4 Mrd. Euro auf den Tisch gelegt, um die Bank nach dem Zusammenbruch der Dexia-Finanzholding aus der Gruppe herauszukaufen. Ein Börsengang von Belfius, so heißt es in einer neuen Studie der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW), dürfte allerdings frühestens im ersten Halbjahr 2018 Realität werden. Die KBC-Gruppe hatte ihre Staatshilfen von 7 Mrd. Euro übrigens schon Ende 2015 und damit zwei Jahre früher als eigentlich geplant wieder zurückgezahlt. *Die LBBW-Analysten nennen zahlreiche Gründe, warum es im belgischen Bankensektor aktuell wieder rundläuft: Dazu gehört die überwiegend starke Fokussierung der Banken auf das heimische Retail-Geschäft, die geringe Abhängigkeit vom Wholesale-Funding und die im EU-Vergleich geringe Verschuldung der Haushalte und Unternehmen. Belgische Haushalte haben mit rund 10 % des Nettoeinkommens eine der höchsten Sparquoten in Europa. Jüngsten Angaben zufolge liegen aktuell bei den vier Großbanken insgesamt 164 Mrd. Euro auf den Sparbüchern. Dies trägt neben dem moderaten heimischen Wachstum auch dazu bei, dass es bei der Erfüllung der aufsichtsrechtlichen Anforderungen bislang kaum Probleme gibt.Die LBBW verweist darauf, dass die risikogewichtete Kapitalausstattung der belgischen Großbanken im europäischen Vergleich überdurchschnittlich sei. KBC und Belfius hätten schon beim letztjährigen Stresstest überzeugt und seien auch mit Blick auf künftige Anforderungen gut kapitalisiert, hieß es. Bei der Leverage Ratio gehören die belgischen Banken mit Quoten von durchschnittlich gut 5 % zur Spitzengruppe in Europa; und auch bei der Liquiditätskennziffer LCR erfüllen alle vier Großbanken die Anforderungen. *Die belgischen Banker können also mit gutem Gewissen und einem Lächeln in die Sommerpause gehen. Am Immobilienmarkt droht laut Experten keine Überhitzung. Und auch der Brexit, der für die exportstarke belgische Wirtschaft ein Problem werden könnte, ist noch weit weg. Die Dächer können also aktuell dicht gemacht werden – es scheint ja auch noch die Sonne.