Prognose

DekaBank erwartet weiter kräftige EZB-Käufe

Der EZB-Rat berät am Donnerstag über die Geldpolitik im Euroraum und muss vor allem entscheiden, wie es kurzfristig mit dem Corona-Notfallanleihekaufprogramm PEPP weitergeht. Die Spannung ist groß.

DekaBank erwartet weiter kräftige EZB-Käufe

ms Frankfurt

Die Europäische Zentralbank (EZB) wird nach Einschätzung der DekaBank auch im dritten Quartal das Kauftempo beim Corona-Notfallanleihekaufprogramm PEPP hoch halten. Zwar gebe es angesichts der Wirtschafts- und Inflationsentwicklung Spielraum, das Tempo nach dem zweiten Quartal etwas zu drosseln, wie Deka-Volkswirt Kristian Tödtmann im Kommentar zum neuen Deka-Zinskompass schreibt, der jeweils vor einer geldpolitischen Sitzung des EZB-Rats in der Börsen-Zeitung erscheint. Jüngste Aussagen von Euro-Notenbankern sprächen aber dafür, dass es keine Änderung bei den Käufen geben werde. Der EZB-Rat tagt am Donnerstag. Für viel wichtiger hält Tödtmann es auch, dass die EZB nun kommunikativ den Weg für eine künftige Reduzierung der PEPP-Käufe vorbereitet.

Inflation zieht deutlich an

Die Zinssitzung der Euro-Hüter wird mit besonderer Spannung erwartet. Grund dafür ist vor allem, dass der EZB-Rat entscheiden muss, wie es bei PEPP weitergeht. Im zweiten Quartal hatte das Eurosystem auf Basis einer Entscheidung vom März das Kauftempo vorübergehend deutlich erhöht – auf rund 80 Mrd. Euro pro Monat (siehe auch nebenstehenden Text). Die Euro-Hüter reagierten damit auf den Anstieg der Euro-Anleiherenditen seit Jahresbeginn. Sie wollen eine zu starke Straffung der Finanzierungsbedingungen verhindern, um die Wirtschaftserholung nach der Pandemie zu sichern. Der Kurs ist aber durchaus umstritten. Die Euro-Wirtschaft steht vor einer starken Erholung, und die Inflation zieht seit Jahresbeginn deutlich und auch unerwartet kräftig an.

Auch im EZB-Rat gibt es unterschiedliche Ansichten. Zwischenzeitlich hatten insbesondere Hardliner („Falken“) wie die Notenbankchefs der Niederlande und Österreichs, Klaas Knot und Robert Holzmann, mit einer Reduzierung der Käufe ab dem dritten Quartal geliebäugelt und auch schon über ein Ende von PEPP im März 2022 gesprochen. Zuletzt hatten dann aber die „Tauben“ wie das italienische Direktoriumsmitglied Fabio Panetta die Diskussion bestimmt; sie warnten vor voreiligen Schritten. Zusätzliche Brisanz erhält das dadurch, weil in den USA die Notenbank Fed auf eine Debatte über eine Reduzierung („Tapering“) ihrer Anleihekäufe zusteuert.

Die DekaBank erwartet nun wie die meisten Marktteilnehmer und Volkswirte, dass der EZB-Rat vorerst an dem höheren Kauftempo aus dem zweiten Quartal festhalten wird. Die Euro-Wirtschaft erhole sich zwar kräftig und die Inflation ziehe an. Im Mai überschritt sie mit 2,0% sogar erstmals seit Oktober 2018 das mittelfristige EZB-Inflationsziel von unter, aber nahe 2%. Daraus, so Tödtmann, „ergibt sich zumindest ein kleiner Ermessensspielraum, das Tempo der Wertpapierkäufe wieder ein wenig zu drosseln“. Die Unsicherheit in der Pandemie sei aber weiter sehr hoch, so der Volkswirt.

Ganz ähnlich argumentiert Tödtmann auch, dass es schwer sei, aus dem erneuten Sprung des Kompasswerts Aussagen über die künftige Geldpolitik oder gar eine Aufforderung zur sofortigen Straffung abzuleiten. „Denn die sehr hohen Werte der Konjunktursäule spiegeln eine wirtschaftliche Erholung wider, die die EZB ausdrücklich unterstützen will. Gleichzeitig führt sie die Anzeichen für einen zunehmenden Preisauftrieb, die sich in der Inflationssäule niederschlagen, zum größten Teil auf temporäre Einflüsse zurück“, so Tödtmann. Der Wert des Deka-Kompasses, der die für die EZB maßgeblichen Indikatoren zusammenfasst, verzeichnete nun den sechsten Anstieg in Folge und kletterte im Mai auf 44,8 Punkte. Ein vergleichbar hohes Niveau hatte er zuletzt im Frühjahr 2011 erreicht, als die EZB – unter ihrem damaligen Präsidenten Jean-Claude Trichet – überraschend mit Leitzinserhöhungen begann.

Für entscheidend hält Tödtmann nun die Kommunikation der EZB. Die EZB müsse wieder stärker auf die unterschiedlichen Zielsetzungen ihrer Instrumente hinweisen. Während das PEPP befristet und an die Corona-Pandemie gekoppelt sei, seien das parallele Wertpapierkaufprogramm APP und die niedrigen Leitzinsen ausschließlich auf den mittelfristigen Inflationsausblick gerichtet. „Mit dieser Klarstellung würde die EZB die Grundlage dafür legen, die Wertpapierkäufe des PEPP in den nächsten Monaten schrittweise reduzieren zu können, ohne übermäßig heftige Marktreaktionen befürchten zu müssen“, so Tödtmann.

Tatsächlich gilt es als möglicher Kompromiss, dass die Anleihekäufe im Zuge des APP spürbar aufgestockt werden, wenn die PEPP-Käufe mit dem Abflauen oder gar dem Überwinden der Pandemie beendet werden. Bislang ist PEPP mit seinem Volumen von 1,85 Bill. Euro bis mindestens März 2022 terminiert. Bei PEPP ist die Flexibilität bei den Käufen deutlich größer als beim APP.