NOTIERT IN WASHINGTON

Der unerbittliche Rachefeldzug des Präsidenten

Nachdem der US-Senat vergangene Woche Präsident Donald Trump von Vorwürfen des Amtsmissbrauchs und der Behinderung der Justiz freigesprochen hatte, stand eine kleine Gruppe moderater Republikaner im Rampenlicht. Von ihnen hatte man geglaubt, dass...

Der unerbittliche Rachefeldzug des Präsidenten

Nachdem der US-Senat vergangene Woche Präsident Donald Trump von Vorwürfen des Amtsmissbrauchs und der Behinderung der Justiz freigesprochen hatte, stand eine kleine Gruppe moderater Republikaner im Rampenlicht. Von ihnen hatte man geglaubt, dass sie Trump womöglich schuldig sprechen würden. Des Amtes wäre Trump trotzdem nicht enthoben worden, weil dafür eine Zweidrittelmehrheit von 67 Senatoren erforderlich ist. Für die Demokraten wäre es aber immerhin ein symbolischer Erfolg und für Trump eine ausgesprochen peinliche Schlappe gewesen, hätte ihm vier Parteifreunde den Rücken gekehrt und für das Impeachment gestimmt.Wie die Abstimmung ausging, ist bekannt: Nur ein Republikaner, der frühere Präsidentschaftskandidat Mitt Romney aus Utah, votierte in einem der Anklagepunkte, nämlich Amtsmissbrauch, gegen Trump. Drei andere, die das Zünglein an der Waage waren, gaben Trumps unermüdlichen Twitter-Tiraden sowie dem Druck des Fraktionschefs Mitch McConnell nach. Dieser hatten ihnen klargemacht, dass jeder Republikaner, der sich den Zorn des Präsidenten zuzieht, die eigenen Chancen auf eine Wiederwahl effektiv begraben würde. Ergo war mit der Ausnahme des Mormonen Romney, der den Schuldspruch mit seinem Eid gegenüber Gott begründete, der Schulterschluss unter Republikanern perfekt.Susan Collins aus Maine, eine der gemäßigten Senatorinnen, die bis zuletzt angeblich zauderten, gab bald nach dem Freispruch ein unterhaltsames und ebenso aussagekräftiges Interview. Darauf angesprochen, ob sie glaube, dass der Präsident aus dem Amtsenthebungsverfahren gelernt habe und seine Entgleisungen sowie die transparenten Rechtsverstöße nun ein Ende haben würden, meinte sie: “Ja, ich glaube, dass er daraus gelernt hat.” Prompt fügte Collins einschränkend hinzu, dass es sich dabei in Wirklichkeit um Wunschdenken handele, oder, wie die Senatorin es formulierte “ambitioniertes Denken”. Gut, dass sie sich korrigierte. Denn die Tage danach bewiesen, dass der Präsident nicht nur nichts dazugelernt hat, sondern sich regelrecht ermutigt fühlte. Trump entließ den dekorierten Kriegsveteranen Alexander Vindman, der im Nationalen Sicherheitsrat arbeitete, sowie seinen EU-Botschafter Gordon Sondland. Beide hatten ausgesagt, dass sie der Überzeugung seien, Trump habe die Freigabe von Militärhilfe für die Ukraine von Ermittlungen gegen den demokratischen Präsidentschaftskandidaten Joe Biden abhängig gemacht. *Demokraten fordern nun Ermittlungen zu dem Rachefeldzug des Präsidenten und wollen wissen, ob es legal ist, aufgrund einer persönlichen Vendetta leitende Beamte vor die Tür zu setzen. Diese werden aber genauso wie die Arbeit von Sonderermittler Robert Mueller und zuletzt das Amtsenthebungsverfahren selbst mit hoher Wahrscheinlichkeit im Sande verlaufen. Andernfalls würde entweder Justizminister William Barr oder Trumps Handlanger im Senat die Ermittlungen begraben.Mit Vindman und Sondland war das Massaker aber nicht beendet. Wie gehabt zog der Präsident via Twitter gegen Romney vom Leder. Die Wähler von Utah täten ihm wegen dieses abtrünnigen Republikaners leid, schrieb Trump und legte nach. Der Senator sei verwickelt “in die Hunter-Biden-Korruption” in der Ukraine. Eine Anspielung auf den Sohn des ehemaligen Vizepräsidenten, dem Fehlverhalten als Vorstandsmitglied des Erdgaskonzerns Burisma aber nie nachgewiesen wurde.