2,1 Prozent im Mai

Deutsche Inflation etwas höher als erwartet

Niedrigere Energiepreise drücken die Inflation in Deutschland auf 2,1%. Der unterliegende Preisdruck bleibt jedoch hartnäckig hoch und die Gesamtrate fällt höher aus als von Ökonomen erwartet.

Deutsche Inflation etwas höher als erwartet

Deutsche Inflation etwas höher als erwartet

Verbraucherpreise steigen um 2,1 Prozent – Kernrate fällt leicht – Teuerung im Euroraum könnte unter Zielwert rutschen

Niedrigere Energiepreise drücken die Inflation in Deutschland auf 2,1%. Der unterliegende Preisdruck bleibt jedoch hartnäckig hoch und die Gesamtrate fällt höher aus als von Ökonomen erwartet. Dennoch könnte die Inflation im Euroraum erstmals seit September 2024 wieder unter den EZB-Zielwert fallen.

mpi Frankfurt
Von Martin Pirkl, Frankfurt

Der Preisauftrieb in Deutschland ist etwas höher als von Volkswirten angenommen. Im Mai sank die Inflation nach europäischer Berechnungsmethode HVPI zwar nach einer Erstschätzung des Statistischen Bundesamtes von 2,2 auf 2,1%. Ökonomen hatten im Schnitt jedoch einen noch stärken Rückgang auf 2,0% erwartet. Auch die Kernrate als Indikator für den unterliegenden Preisdruck fiel mit 2,8% höher als prognostiziert aus. Der Rückgang der Rate ohne die Berücksichtigung der schwankungsanfälligen Preise für Energie und Lebensmittel beträgt damit ebenfalls 0,1 Prozentpunkte.

Dabei hat die Dienstleistungsinflation im Mai spürbar nachgelassen. Hier beträgt die Teuerung 3,4%, nach 3,9% im Vormonat. Hierbei spielen statistische Sonderfaktoren eine Rolle. Das Osterfest hatte die Preise in diesem Bereich im April im Jahresvergleich nach oben gedrückt. Dieser Effekt ist nun im Mai herausgefallen. Doch auch im Vergleich zum März ist die Dienstleistungsinflation inzwischen niedriger. Es verdichten sich die Anzeichen, dass der Preisdruck bei Services weiter abnehmen wird. So sinkt etwa das Wachstum der Tariflöhne im Euroraum.

Die dennoch relativ hohe Kerninflation im Mai liegt auch an der Preisentwicklung für Güter. Hier ist die Inflation zwar seit langem deutlich niedriger als bei Dienstleistungen, im Mai verdoppelte sich jedoch die Rate fast von 0,5 auf 0,9%.

Breit basierter Rückgang

Auch in den anderen großen Volkswirtschaften im Euroraum – Spanien, Italien und Frankreich – hat die Inflation im Mai nach vorläufigen Daten der jeweiligen nationalen Statistikämter nachgelassen. Sowohl in Spanien als auch in Italien liegt die Teuerung inzwischen bei 1,9%. Allerdings fiel die Inflation in Italien damit etwas höher aus als erwartet, während sie im iberischen Land unterhalb der Prognose blieb. Letzteres gilt auch für die Teuerung in Frankreich, die bei nur noch 0,6% liegt.

Am Dienstag veröffentlicht Eurostat seine Schätzung der Mai-Inflationszahlen für den Euroraum. Anhand der bisher vorliegenden Länderdaten ist ein deutlicher Rückgang der Teuerung von zuletzt 2,2% wahrscheinlich. Möglicherweise fällt die Inflation sogar leicht unter den Zielwert der EZB von 2%.

Zinssenkung voraus

Der Rat der Notenbank kommt am Donnerstag zusammen, um über die Höhe der Leitzinsen zu entscheiden. Eine Zinssenkung um 25 Basispunkte gilt als quasi sicher. Es wäre die achte Lockerung um diese Höhe seit Juni 2024. Der für die Geldpolitik wichtige Einlagensatz läge dann bei 2%.

Unter Ökonomen herrscht Uneinigkeit darüber, ob danach eine Zinspause ansteht oder im Juli eine weitere Lockerung erfolgt. „Es ist durchaus möglich, dass die EZB nach der Juni-Zinssenkung eine Pause einlegen wird“, sagte Thomas Gitzel, Chefvolkswirt der VP Bank. Er misst den neuen Projektionen zu Inflation und Wirtschaftswachstum eine große Bedeutung für die Kalibrierung der weiteren Geldpolitik bei. Die EZB präsentiert diese Prognosen am Donnerstag im Rahmen ihres Zinsentscheides.

Wie weit fällt der Einlagensatz noch?

Martin Wolburg, Ökonom bei Generali Investment, rechnet damit, dass bei einem Einlagensatz von 2% noch nicht Schluss ist. Die EZB werde voraussichtlich erst bei 1,75% pausieren. Entsprechende Signale erwartet der Volkswirt von der Pressekonferenz nach dem Zinsentscheid der EZB jedoch nicht. Notenbankpräsidentin Christine Lagarde dürfte „den Zeitpunkt der endgültigen Senkung bewusst offen lassen“, meint Wolburg.

In einer Ökonomenumfrage von Bloomberg gaben die Befragten im Schnitt an, dass sie für dieses Jahr noch mit zwei weiteren Zinssenkungen der EZB rechnen: im Juni und im September. Eine Zinspause im Juli würde den Notenbankern noch mehr Zeit geben, die Auswirkungen des Zollkonflikts zwischen den USA und dem Rest der Welt zu analysieren. Rund 30% der Volkswirte warnen die EZB jedoch davor, mit einer zweiten Zinssenkung länger als bis September zu warten.