Arbeitslosigkeit sinkt leicht

Deutsche Konjunktur dümpelt vor sich hin

Die Frühjahresbelebung am deutschen Arbeitsmarkt endet im Mai kraftlos. Der starke Jahresauftakt beim Wirtschaftswachstum wird eine Eintagsfliege bleiben, das DIW-Konjunkturbarometer lässt unterdurchschnittliche Raten erwarten.

Deutsche Konjunktur dümpelt vor sich hin

Deutsche Konjunktur dümpelt vor sich hin

Frühjahrsbelebung am Jobmarkt endet kraftlos − Weniger Engpassberufe − DIW-Barometer legt zu

ba Frankfurt

Die deutsche Wirtschaft sendet zwar im Mai Lebenszeichen, richtig voran kommt sie aber nicht. Die Arbeitslosenzahl ist leicht gesunken, das DIW-Konjunkturbarometer etwas gestiegen und das Geschäftsklima im Einzelhandel hat sich deutlich aufgehellt. Das kräftige Wachstum von 0,4% im ersten Quartal wird sich im laufenden zweiten Quartal dennoch nicht fortsetzen und auch das Gesamtjahr dürfte mit einem Nullwachstum enden. Denn der starke Jahresauftakt beruht vor allem auf den zeitlich nach vorn verlagerten Bestellungen, um den absehbar höheren US-Importzöllen zuvorzukommen. Diese Vorzieheffekte werden sich im weiteren Jahresverlauf umkehren. Zudem werden die Investitionspakete der neuen Bundesregierung erst im kommenden Jahr für Schwung sorgen.

Frühjahrsbelebung endet kraftlos

Wegen der Konjunkturflaute endete die ohnehin nur schwache Frühjahrsbelebung im Mai mit einem Rückgang der Arbeitslosenzahl um 12.000 auf 2,919 Millionen. Die Arbeitslosenquote sank auf 6,2% von zuvor 6,3%. Saisonbereinigt legte die Zahl der Arbeitslosen um 34.000 zu, die Arbeitslosenquote verharrte bei 6,3%. „Der Arbeitsmarkt bekommt nicht den Rückenwind, den er für eine Trendwende bräuchte; daher rechnen wir für den Sommer auch mit weiter tendenziell steigenden Arbeitslosenzahlen“, erklärte Andrea Nahles, die Vorstandsvorsitzende der Bundesagentur für Arbeit (BA). Ökonomen erwarten, dass dann die 3-Mill.-Schwelle überschritten wird. Zuletzt war dies im Februar 2015 mit 3,017 Millionen der Fall.

Bis zum Jahresende dürfte die hohe Arbeitslosigkeit dann auch die Rücklagen der BA in Höhe von 3,2 Mrd. Euro aufzehren. Für Nahles aber kein Grund, den Beitragssatz zur Arbeitslosenversicherung zu erhöhen − weder in diesem noch im kommenden Jahr. Die Einnahmesituation sei weiter gut, erklärte die Behördenchefin.

Zahl der Engpassberufe trotz Rückgang auf hohem Niveau

Entlastung bringt die Konjunkturschwäche allerdings in puncto Fachkräftemangel. Der Rückgang bei den Engpassberufen überrascht Nahles daher nicht. 2024 gab es in 163 der rund 1.200 bewerteten Berufe Engpässe bei der Besetzung offener Stellen − vor allem in den Pflege- und Gesundheitsberufen, aber auch in den Bereichen Bau, Handwerk, Berufskraftfahrer und Erzieher. Im Jahr davor waren es noch 20 Berufe mehr. Aber weitere 181 Berufsfelder könnten sich potenziell zu Engpassberufen entwickeln. Laut KfW-Ifo-Fachkräftebarometer waren im April 27% der Unternehmen von Fachkräftemangel betroffen.

Insgesamt waren bei der BA im Mai 634.470 offene Arbeitsstellen gemeldet. Das sind 67.403 weniger als vor einem Jahr. Nahles betonte, dass der Fachkräftemangel eine zentrale Herausforderung für den Wirtschaftsstandort Deutschland bleibe: „Wir müssen alle Register ziehen – von gezielter Weiterbildung über bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf bis zur gesteuerten Zuwanderung.“

Für Marc Schattenberg, Volkswirt bei der Deutschen Bank, sind die Einstellungsabsichten im Dienstleistungssektor „ein Lichtblick“. Vor allem, wenn der Handelskonflikt zwischen den USA und der EU zeitnah beigelegt werde, könnte die deutsche Wirtschaft im laufenden Jahr wieder leicht wachsen. „Das dürfte dann auch dem Arbeitsmarkt endlich mehr Rückenwind geben.“

Weniger Kurzarbeit

Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas findet erfreulich, „dass die sozial­­versicherungs­­pflichtige Beschäftigung, für die Daten bis März vorliegen, mit 34,89 Millionen den höchsten je gemessenen Stand in einem März erreicht“. Allerdings nehme die Zahl der sozial­­versicherungs­­pflichtigen Beschäftigten im verarbeitenden Gewerbe weiter ab und die Zahl der Kurzarbeitenden aus dieser Branche bleibe hoch. Anteilig bezogen 3,3% der Beschäftigten aus dem verarbeitenden Gewerbe Kurzarbeitergeld. Insgesamt beträgt die Kurzarbeiterquote unverändert 0,7%. Im März wurde für 248.000 Beschäftigte konjunkturelles Kurzarbeitergeld gezahlt, im Vormonat waren es 260.000. Seit Jahresbeginn zeigen die Betriebe monatlich für immer weniger Personen Kurzarbeit an, im Mai für 33.000 Personen nach 50.000 im April.

DIW-Konjunkturbarometer erholt sich

„Die aktuellen Arbeitsmarktzahlen zeigen, dass wir dringend wirtschaftspolitische Impulse brauchen, die Wachstum schaffen“, betonte Arbeitsministerin Bärbel Bas (SPD). Sie zeigten auch, wie wichtig das Konjunktur- und Investitionsprogramm der neuen Bundesregierung sei. Dies wird der Konjunktur „wohl erst im kommenden Jahr zusätzlichen Schub verleihen“, heißt es beim DIW.

Das Konjunkturbarometer des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) erholte sich im Mai vom Einbruch im April und sprang um 7 auf 90,1 Punkte. Das Barometer liegt damit wieder auf dem Niveau von Februar und März, aber weiter unter der neutralen 100-Punkte-Marke, die ein durchschnittliches Wirtschaftswachstum anzeigt. In der Industrie – dem Sorgenkind der letzten Jahre – würden sich die Lichtblicke mehren, heißt es beim DIW. Bei den Dienstleistungen seien die Aufhellungstendenzen noch etwas zaghafter. „Ein positives Signal geht vom privaten Konsum aus, der deutlich angezogen hat“, erklärte DIW-Konjunkturchefin Geraldine Dany-Knedlik. Dies zeigt sich auch im Anstieg des Ifo-Geschäftsklimas im Einzelhandel.

Einzelhändler besser gelaunt

Das Ifo-Barometer stieg auf minus 18,6 Punkte, nach minus 25,8 Punkten im April. Dabei wurden sowohl die aktuelle Lage als auch die Erwartungen besser beurteilt. „Die Einzelhändler sind nach wie vor mit ihrer wirtschaftlichen Situation unzufrieden, ihre Stimmung hat sich aber deutlich verbessert“, sagte Ifo-Experte Patrick Höppner. „Sie gehen vorläufig davon aus, dass die konjunkturellen Risiken durch den aktuellen Kurs der US-Außenhandelspolitik die Verbraucherstimmung nicht deutlich belasten werden.“ Zudem hat der Preisdruck im Einzelhandel etwas nachgelassen. Im April erhöhten die Händler ihre Preise etwas seltener als im Vormonat und planen auch für die nächsten Monate insgesamt etwas zurückhaltender mit Preiserhöhungen. „Dennoch sind insbesondere bei Lebensmitteln sowie bei Möbeln in den nächsten Monaten weiter steigende Preise wahrscheinlich“, sagt Höppner.

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