Deutsche Wirtschaft im Rückwärtsgang
Die vierte Corona-Welle hat die deutsche Wirtschaft zum Ende des vergangenen Jahres ausgebremst. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) schrumpfte im vierten Quartal gegenüber dem Vorquartal überraschend deutlich um 0,7%, wie das Statistische Bundesamt am Freitag in Wiesbaden in einer ersten Schätzung mitteilte. Im Vergleich zum vierten Quartal 2019, dem Vierteljahr vor Beginn der Corona-Krise, lag das BIP um 1,5% niedriger. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck sprach von „gedämpfter Dynamik zum Jahresanfang“, zeigte sich aber zuversichtlich für 2022. „Wir haben eine robuste Wirtschaft und einen stabilen Arbeitsmarkt.“ In diesem Jahr werde die Konjunktur um 3,6 und 2023 um weitere 2,3% zulegen.
„Der Abwärtssog war gewaltig“, kommentiert Thomas Gitzel, Chefvolkswirt VP Bank. Die deutsche Wirtschaft stecke in der Corona- und Materialmangelfalle fest. Das hohe Infektionsgeschehen und die damit einhergehenden Beschränkungen hätten einmal mehr den Dienstleistungssektor belastet. Ausdruck dessen sei ein schwacher privater Konsum, der zu den Hauptverantwortlichen des BIP-Rückgangs zähle. Carsten Brzeski, Chefvolkswirt ING, spricht von einem „Winterschlaf der deutschen Wirtschaft“ und erwartet, dass wegen der politischen Corona-Auflagen, dem Chipmangel und der hohen Inflation die Wahrscheinlichkeit gestiegen sei, dass Deutschland zum Jahreswechsel in einer regelrechten Rezession steckt.
Nach Ansicht von Jens-Oliver Niklasch, Volkswirt Landesbank Baden-Württemberg, sei vor allem der Kontrast zu den übrigen großen Staaten der Europäischen Währungsunion „frappierend“. Dies zeige auch, wie stark die Corona-Einschränkungen die Wirtschaft belasteten – oder anderswo eben auch nicht. Für das erste Quartal des laufenden Jahres sei daher weiter Vorsicht angezeigt, zumal üblicherweise hohe Inflation eine echte Konsumbremse sei. Mittelfristig sollten dann die Auftriebskräfte der Konjunktur, wie sie sich derzeit insbesondere im regen Auftragseingang zeigen, die Oberhand behalten.
Frankreichs Wirtschaft ist trotz der Omikron-Welle Ende 2021 nämlich überraschend stark gewachsen und hat im Gesamtjahr so kräftig zugelegt wie seit 52 Jahren nicht mehr. Die Konjunktur zog im vergangenen Jahr um 7,0% an – und damit so stark wie seit 1969 nicht mehr, wie das nationale Statistikamt Insee am Freitag mitteilte. „Die französische Wirtschaft hat sich spektakulär erholt und das hat die Wirtschaftskrise ausgelöscht“, sagte Finanzminister Bruno Le Maire im Fernsehsender France 2. „Es gibt immer noch einige Bereiche, die Probleme haben, wie der Tourismus und die Hotellerie. Aber die meisten erholen sich sehr stark und das schafft Arbeitsplätze.“ Von Oktober bis Dezember stieg das Bruttoinlandsprodukt (BIP) unerwartet kräftig um 0,7 Prozent zum Vorquartal.
Auch die spanische Wirtschaft ist im Schlussquartal 2021 erneut deutlich gewachsen. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) sei gegenüber dem Vorquartal um 2,0% gestiegen, teilte das Statistikamt INE am Freitag in Madrid mit. Das Wachstum fällt zwar etwas schwächer aus als im dritten Vierteljahr, die Erwartungen von Analysten bei 1,4 Prozent wurden aber klar übertroffen. Gegenüber dem Vorjahresquartal wuchs die viertgrößte Volkswirtschaft der Eurozone im vierten Quartal um 5,2%. Im Gesamtjahr 2021 betrug das Wirtschaftswachstum laut INE 7,2%.