Arbeitsmarkt

Deutschland braucht Fachkräfte aus dem Ausland

Mehr als jedes dritte Unternehmen klagt über fehlende Facharbeiter. Gleichzeitig sinkt die Zahl der Neuanträge auf die Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse. Dabei könnte die Zuwanderung das Problem lindern.

Deutschland braucht Fachkräfte aus dem Ausland

ast Frankfurt

Der Fachkräftemangel gilt vielen deutschen Unternehmen – insbesondere im Mittelstand – als das drängendste Problem. Nachdem die Coronakrise den Bedarf an neuen Mitarbeitern kurzfristig ge­dämpft hatte, klagt mehr als jeder dritte deutsche Betrieb einer kürzlich veröffentlichten Umfrage des Ifo-Instituts zufolge über fehlende Fachkräfte. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) am Dienstag berichtete, ging im letzten Jahr die Zahl der Neuanträge auf Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse um 3% zurück.

Detlef Scheele, Vorsitzender der Bundesagentur für Arbeit (BA), sagte in einem Interview, Deutschland brauche pro Jahr rund 400000 Zu­wanderer. „Mir geht es hier nicht um Asyl, sondern um gezielte Zuwan­derung für die Lücken am Ar­beitsmarkt“, sagte Scheele der „Süddeutschen Zeitung“. „Von der Pflege über Klimatechniker bis zu Logistikern und Akademikerinnen: Es werden überall Fachkräfte fehlen.“ Zu möglichen Widerständen gegen Migration sagte er: „Man kann sich hinstellen und sagen: Wir möchten keine Ausländer. Aber das funktioniert nicht.“

Schon heute verliert der Arbeitsmarkt in Deutschland aufgrund der demografischen Entwicklung Jahr für Jahr etwa 150000 Arbeitskräfte. Durch die Verrentung der geburtenstarken Jahrgänge („Babyboomer“) droht sich die Situation in den kommenden Jahren zu verschärfen. Die gezielte Zuwanderung von Fachkräften könnte hier Abhilfe schaffen, so der BA-Chef. Schon in den Jahren 2013 bis 2019 konnte einer Analyse von Destatis zufolge das altersbedingt sinkende Arbeitskräfteangebot durch Zuwanderer überkompensiert werden. Allerdings wurde durch die Coronavirus-Pandemie, geschlossene Grenzen und Lockdowns die Zuwanderung gedrosselt. Das zumindest geht aus der Zahl der Anträge auf Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse hervor, die im Coronajahr laut Destatis auf 42000 gesunken ist. Das Verfahren war zum März 2020 im Zuge des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes re­formiert worden. Dieses soll beschleunigte Abläufe gewährleisten. Wegen der Einreisebeschränkungen gehen die Statistiker aber von einem gleichzeitig dämpfenden Corona-Effekt aus. Allerdings sind 2020 bundesweit aus den bereits vor Beginn des vergangenen Jahres gestellten Anträgen 44800 ausländische Abschlüsse als vollständig oder eingeschränkt gleichwertig zu deutschen Qualifikationen anerkannt worden. Das waren 5% mehr als im Jahr 2019.

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) verlangte derweil bundeseinheitliche, verlässlichere und schnellere Verfahren. Der Wechsel aus dem Status der Duldung oder einem humanitären Aufenthalt in eine dauerhafte Perspektive mit fester Arbeitsstelle müsse leichter werden, forderte Anja Piel vom DGB-Vorstand. „Insbesondere zugewanderte Frauen müssen beim Schritt ins Erwerbsleben unterstützt werden, um das inländische Potenzial an Fachkräften voll auszuschöpfen.“