Die Energiewende im Strommarkt wackelt
Die Energiewende im Strommarkt wackelt
Produktionsstatistik legt „Kosten“ der unsteten Stromerzeugung durch Erneuerbare offen
lz Frankfurt
Erstmals seit zwei Jahren wurde in Deutschland in einem Quartal wieder mehr Strom durch konventionelle Energieträger erzeugt als durch erneuerbare. Grund dafür war vor allem der geringe Ertrag aus Windkraft. Die Stromerzeugung brach diesbezüglich um 29,2% ein, meldet das Statistische Bundesamt. Damit sank die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien zwischen Januar und März um 17% zum gleichen Vorjahreszeitraum, während die Erzeugung aus Kohle, Erdgas & Co um 19,3% zulegte. Ein Teil der schwachen Ausbeute aus Erneuerbaren musste zudem durch Importe ausgeglichen werden, die um 14,9% zulegten.
Auch wenn sich das Verhältnis zwischen fossilen und erneuerbaren Energien in den nächsten Quartalen wieder umkehren dürfte, zeigt die Statistik, dass man aus Gründen der Energiesicherheit auf absehbare Zeit nicht ohne fossile Reservekapazitäten („Dunkelflaute“) auskommen kann. Zumal der Zubau von Batteriespeichern für den kurzzeitigen Ausgleich erst so richtig begonnen hat und die regulatorischen Anreizstrukturen noch weiter nachjustiert werden müssen.

Mehr Gaskraftwerke
Die neue Wirtschafts- und Energieministerin Katherina Reiche hat einen Umbau des Energiesektors bereits angekündigt. „Energiewende ja, aber richtig“, fasste sie auf einem Kongress des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) zusammen. Die Dringlichkeit an steuerbarer Stromerzeugungskapazität sei groß – und ein entscheidender Faktor für die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands.
Deshalb möchte sie den Gaskraftwerkausbau vorantreiben und damit das im Koalitionsvertrag festgesetzte Ziel von 20.000 Megawatt an Kraftwerksleistung erfüllen. Diese steuerbaren Erzeuger sollen die Energiesicherheit innerhalb Deutschlands nach dem Kohleausstieg gewährleisten, wenn Sonne und Wind nicht die gewünschten Leistungen erbringen. Wegen des Energiedefizits musste Deutschland bereits im ganzen Jahr 2024 einen Rekordwert an Strom importieren. Dieser hat höhere fossile Anteile als deutscher Strom oder wird in Atomkraftwerken produziert.
Immer häufiger Negativpreise
Zugleich werden immer häufiger große Strommengen in Phasen hoher Ausbeute aus Sonne und Wind mangels Speichermöglichkeiten zu Negativpreisen exportiert. Allein im Mai waren das 129 Stunden im Stromgroßhandel, zeigen Daten der Pariser Strombörse Epex Spot. Die Energieversorger mussten den Abnehmern noch einen Aufschlag bezahlen. Nie zuvor gab es in einem Monat so viele Stunden unter Null in der Strompreiszone. Auch die Volatilität hat zugenommen: Zwischen Minus 250 Euro und Plus 230 Euro die Megawattstunde schwankten die Preise jeweils für Stromlieferungen am Folgetag. Am 11. Mai rutschten die Preise so weit ab, dass Stromverbraucher mit dynamischen Tarifen erstmals – auch nach Steuern, Abgaben und Netzentgelten – Geld zurückerhielten.
Insgesamt wurden im ersten Quartal 119,4 Mrd. Kilowattstunden Strom in das Netz eingespeist; 1,9% weniger als Anfang 2024. Mehr als die Hälfte des inländisch erzeugten Stroms (50,5%) stammte aus fossilen Energieträgern, nach 41,5% vor einem Jahr. Deutschlands Stromimporte stiegen um 14,9% auf 19,3 Mrd. Kilowattstunden. Die Stromexporte sanken dagegen um 3% auf 16,2 Mrd. Kilowattstunden.