NOTIERT IN BRÜSSEL

Die EU und der Kampf gegen das Virus

Rund 40 Menschen in der ganzen Europäischen Union haben sich derzeit mit dem Coronavirus angesteckt. Es ist eigentlich eine verschwindend geringe Zahl, und man kann die belgische Gesundheitsministerin Maggie de Block verstehen, die gestern bei einem...

Die EU und der Kampf gegen das Virus

Rund 40 Menschen in der ganzen Europäischen Union haben sich derzeit mit dem Coronavirus angesteckt. Es ist eigentlich eine verschwindend geringe Zahl, und man kann die belgische Gesundheitsministerin Maggie de Block verstehen, die gestern bei einem Sondertreffen mit ihren EU-Amtskollegen noch einmal darauf hinwies, dass von einer Krisensituation in Europa nicht die Rede sein könne. “Wir müssen natürlich wachsam bleiben und uns weiter vorbereiten. Aber für Panik gibt es keinen Grund.” Ähnlich äußerte sich auch der österreichische Minister Rudi Anschober: “Panik ist in Europa derzeit völlig unangebracht und ein schlechter Ratgeber.” Man müsse “mit ruhiger Hand” auf das reagieren, was notwendig sei, um Europa zu schützen. *So weit, so gut. Allerdings setzen die immer höhere Zahl der Infizierten mit dem neuen Lungenvirus und die Toten vor allem in Asien natürlich auch die Gesundheitsminister unter Druck. Ihr Treffen war kurzfristig einberufen worden, um den Kampf der Mitgliedstaaten gegen das Virus zu koordinieren und auf ein mögliches großflächiges Überschwappen der Pandemie auf Europa vorbereitet zu sein. Konkrete Ergebnisse – zum Beispiel zum immer wieder einmal geforderten Fiebermessen an Flughäfen – gab es gestern nicht. Es gab aber die allgemeine Erkenntnis, dass neue Arzneimittel-Engpässe in Europa drohen. Denn der Produktionsstopp in China bei wichtigen Wirkstoffen könnte schon bald zu Knappheiten auch in der EU führen. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn sagte gestern in Brüssel, die EU-Kommission müsse die Lage analysieren und Lösungsvorschläge machen. Unterstützung erhielt der CDU-Politiker dabei von seinem tschechischen Amtskollegen Adam Wojtech. Die Europäische Union müsse umdenken, sagt dieser. Die Produktion von wichtigen Arzneimitteln müsse wieder in die EU zurückgeholt werden.Die EU-Kommission hatte bereits Ende Januar 10 Mill. Euro bereitgestellt, um die schnelle Entwicklung eines Impfstoffes gegen das Coronavirus zu fördern. Der für das Krisenmanagement zuständige EU-Kommissar Janez Lenarcic aus Slowenien äußerte sich bislang nicht so, als sei die Lage vollkommen unter Kontrolle. Bei einem Besuch im EU-Lagezentrum in Brüssel, wo auf großen Monitoren und Karten üblicherweise Waldbrände oder Naturkatastrophen in Europa verfolgt und jetzt auch die Verbreitung des Coronavirus beobachtet wird, äußerte er sich Anfang der Woche deutlich: Die Situation sei beunruhigend. Es gebe eine ernste Gefahr für die öffentliche Gesundheit. Und das Virus breite sich mit hoher Geschwindigkeit aus, so dass Gegenmaßnahmen koordiniert werden müssten. Für die EU-Kommission geht es dabei zum Beispiel um den Austausch von Informationen, die Beschaffung von Schutzausrüstung oder auch um Behandlungs- und Diagnosekapazitäten. *Die neuen Zahlen aus China zeigen auf jeden Fall auch in Brüssel die Dringlichkeit eines koordinierten Handelns – selbst wenn Europa aktuell noch kaum betroffen ist. Die chinesische Provinz Hubei hatte gestern eingeräumt, dass es noch viel mehr Infizierte gibt als bislang bekannt. Überraschend wurden rund 15 000 neue Fälle gemeldet. Wie sich später allerdings herausstellte, lag dieser sprunghafte Anstieg vor allem an einer neuen Zählmethode. Denn jetzt werden nicht nur per DNA-Test bestätigte Fälle gezählt, sondern auch die, für die es klinische Diagnosen gibt, für die schon ärztlich festgestellte Symptome ausreichen. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) wies gestern beruhigend darauf hin, dass unter den neu gemeldeten Fällen in Hubei rund 13 000 seit Wochen bekannte Patienten gewesen seien. *Trotzdem: In China sind damit mittlerweile fast 60 000 Virusfälle registriert und mehr als 1 300 Tote. Auch in der europäischen Wirtschaft wächst die Sorge. Und die EU-Kommission hat gestern bereits klargemacht, dass es wohl nur eine Frage der Zeit sei, bis das Virus auch auf die Wachstumsprognosen in der EU durchschlägt.