Fiskalische Dominanz der Geldpolitik

„Die EZB ist dann erpressbar“

ZEW-Ökonom Friedrich Heinemann erwartet, dass die EZB mittelfristig wegen Frankreich das Notfallprogramm TPI aktivieren muss, um eine Euro-Schuldenkrise zu verhindern. Auch wenn dies letztlich ein Regelbruch sei.

„Die EZB ist dann erpressbar“

„Die EZB ist dann erpressbar“

ZEW-Ökonom erwartet Einsatz von Notfallprogramm TPI wegen Frankreich

mpi Frankfurt

Die fiskalischen Probleme Frankreichs werden die EZB nach Einschätzung von ZEW-Ökonom Friedrich Heinemann in eine Bredouille bringen: Die Notenbank werde letztlich einen Regelbruch begehen, um eine Euro-Schuldenkrise zu verhindern. „Am Ende des Tages wird die EZB das Notfallprogramm TPI einsetzen“, prognostiziert Heinemann im Interview der Börsen-Zeitung.

Die Zentralbank hat TPI im Sommer 2022 eingeführt, bislang jedoch noch nie eingesetzt. Es ermöglicht der EZB, Wertpapiere von einzelnen Euro-Ländern zu kaufen, „um eine Verschlechterung der Finanzierungsbedingungen, die nicht durch länderspezifische Fundamentaldaten gerechtfertigt ist, zu bekämpfen.“ Heinemann verweist darauf, dass dies bei Frankreich nicht gegeben ist. Denn die Schuldendynamik des Landes „sei völlig außer Kontrolle“ geraten. Doch die Alternative zu einem Einsatz von TPI sei wohl eine Euro-Schuldenkrise mit all ihren negativen Konsequenzen.

Der EZB droht ein Zielkonflikt

Der Ökonom erwartet nicht, dass es Frankreich gelingen wird, die Haushaltsprobleme zu lösen. Die EZB habe zudem versäumt, nach der Schuldenkrise ab 2010 Strukturen zu schaffen, die einen Schuldenschnitt ermöglichen, ohne eine Bankenkrise auszulösen. „Spannend wird es, wenn die Euro-Inflation hoch ist und Frankreich gleichzeitig große fiskalische Schwierigkeiten hat.“ Dann entstehe ein Zielkonflikt. „Und man muss sagen, die EZB ist dann erpressbar.“

Ein solches Szenario hält Heinemann mittelfristig für sehr wahrscheinlich. Denn er erwartet aufgrund der Lage am Arbeitsmarkt, dass der Inflationsdruck in der Eurozone 2026 steigt. Eine weitere Zinssenkung ist für ihn daher ohne einen neuen inflationssenkenden Schock kein Thema mehr. Im Gegenteil: Im zweiten Halbjahr könnte die EZB seiner Einschätzung nach ein bis zwei Zinserhöhungen beschließen.

Die Fiskalpolitik sitze zwar bereits unterschwellig mit im Raum bei den Ratssitzungen. Noch sei die EZB aber in der Lage, die Geldpolitik auch bei steigenden Staatsschuldenquoten zu straffen. Mittelfristig drohe jedoch die fiskalische Dominanz.

Im Interview Seite 7