NOTIERT IN PARIS

Die Partyzeit ist noch nicht vorbei

Die Party müsse beendet werden, appellierten sie in Anlehnung an einen bekannten Ausspruch des ehemaligen französischen Präsidenten Charles de Gaulle während der Studentenunruhen von 1968. Ob der in der Sonntagszeitung "Journal du dimanche"...

Die Partyzeit ist noch nicht vorbei

Die Party müsse beendet werden, appellierten sie in Anlehnung an einen bekannten Ausspruch des ehemaligen französischen Präsidenten Charles de Gaulle während der Studentenunruhen von 1968. Ob der in der Sonntagszeitung “Journal du dimanche” veröffentlichte Gastbeitrag, in dem sechs Mediziner zu einer Einschränkung privater Treffen raten, Gehör findet, muss sich allerdings erst zeigen.Denn obwohl die Corona-Infektionsraten in Frankreich in den letzten Wochen dramatisch gestiegen sind und neue Rekordwerte erreichten, fanden Samstag in Frankreich mehrere Rave-Parties mit teilweise mehr als 1 000 Teilnehmern statt – etwa in der Nähe von Bordeaux, Nantes und Paris.Einige, wenn auch relativ wenige Barbetreiber scheinen den Ernst der Lage ebenfalls noch nicht erkannt zu haben. Während Nachtclubs und Diskotheken in Frankreich wegen der Pandemie geschlossen bleiben müssen, lassen sie ihre Gäste auf oft engen Flächen tanzen, so als sei nichts passiert. “Nach der Freude des Wiedersehens im Sommer ist es Zeit, im Privatleben etwas mehr aufzupassen”, mahnen die Ärzte in ihrem Gastbeitrag. “Vermeiden Sie so oft wie möglich private Treffen.”Viele Franzosen nutzen jetzt jedoch die lauen Sommerabende, um sich nach dem Ende der Sommerferien mit Freunden zu treffen. Zumal etliche Arbeitnehmer erst jetzt wieder in die Hauptstadt zurückkehren, nachdem sie während der Ausgangssperre und der Zeit danach von ihrem Wochenendhaus auf dem Lande aus gearbeitet haben.Entsprechend herrscht auf den Terrassen von vielen Restaurants und Cafés in Paris abends Hochbetrieb. In Bordeaux, wo die Infektionen zuletzt genau wie in Marseille, auf Guadeloupe und im Großraum Paris stark gestiegen sind, will die zuständige Präfektin nun stärker durchgreifen und Gastronomiebetriebe schließen, die sich nicht an die Regeln halten. Die Teilnehmerzahlen für öffentliche und private Veranstaltungen hat sie ebenfalls weiter eingeschränkt.Angesichts der zahlreichen Auflagen haben Veranstalter bereits die Segelmessen abgesagt, die jetzt in Cannes und La Rochelle hätten stattfinden sollen – teilweise draußen im Freien in den Häfen. Die französischen Jachtbauer lassen sich deshalb etwas anderes einfallen, damit sie ihre Kunden trotzdem treffen können. Einige Vertreter der Bootsbranche veranstalteten private Treffen für sie an der Côte d’Azur, berichtet Yves Lyon-Caen, der Vorsitzende des Branchenverbandes Fédération des industries nautiques (FIN). Vor Ausbruch der Pandemie befand sich die Bootsbaubranche mit ihren zuletzt 5 600 Betrieben und 43 700 Mitarbeitern im Aufwind. So konnte sie ihren Umsatz im vergangenen Jahr um 5 % auf 5,3 Mrd. Euro steigern.Doch auch wenn es für die Branche im Sommer nach dem Ende der strengen Ausgangssperren Mitte Mai relativ gut lief, dürfte die Coronakrise tiefe Spuren hinterlassen. Der Branchenverband FIN erwartet, dass der Umsatz je nach Geschäftsfeld um 15 % bis 30 % einbrechen wird. Die Rezession in Südeuropa und den USA dürfte vor allem die Bootsbauer hart treffen, die rund 75 % ihrer Produktion exportieren. In Frankreich wiederum machen sie normalerweise 70 % ihrer Verkäufe während der Messen. Sie hoffen deshalb, dass die größte Segelmesse des Landes in Paris trotz der Pandemie Anfang Dezember stattfinden kann.Bestes Beispiel für die Probleme der Branche ist Bénéteau, die weltweite Nummer 2. Der für seine Jachtmarken Bénéteau, Jeanneau und Lagoon bekannte Bootsbauer musste im dritten Quartal des versetzten Geschäftsjahres einen Einbruch seines Umsatzes um 42,6 % auf 249,3 Mill. Euro hinnehmen. Auch wenn der Sommer etwas besser als zunächst befürchtet gelaufen ist, dürfte das nicht ausreichen, um die Zahlen des Gesamtjahres zu retten. Die Gruppe hat deshalb Restrukturierungen und den Abbau von 300 bis 840 Arbeitsplätzen angekündigt. Sie will vier der insgesamt 16 Standorte der Bootsbausparte schließen, verkaufen oder vorübergehend stilllegen, davon zwei in Frankreich und je einen in den USA und Slowenien. An drei anderen Standorten in Frankreich, Italien und Polen soll die Produktion gedrosselt werden.