PERSONEN

Die sagenhaften Thatcher Boys

Von Andreas Hippin, London Börsen-Zeitung, 12.5.2015 Sein Kampf fĂŒr die schwarze Null im Staatshaushalt hat die WĂ€hler ĂŒberzeugt. George Gideon Oliver Osborne (43) wird nach dem Sieg der Konservativen bei der landesweiten Wahl vom Donnerstag weiter...

Die sagenhaften Thatcher Boys

Von Andreas Hippin, LondonSein Kampf fĂŒr die schwarze Null im Staatshaushalt hat die WĂ€hler ĂŒberzeugt. George Gideon Oliver Osborne (43) wird nach dem Sieg der Konservativen bei der landesweiten Wahl vom Donnerstag weiter Schatzkanzler bleiben. Sein bisheriger Kabinettskollege Sajid Javid (45) wird Wirtschaftsminister. Dessen VorgĂ€nger Vince Cable von den Liberaldemokraten hatte neben seinem Amt auch noch sein Mandat in Westminster verloren. Beide sind erklĂ€rte Fans der “eisernen Lady”, Margaret Thatcher – allerdings unterscheidet sich ihr persönlicher Hintergrund dramatisch.Osborne ist der typische “Golden Boy”. Der Spross einer der Ă€ltesten angloirischen Adelsfamilien erbt die 1629 von Charles I geschaffene BaronetswĂŒrde von Ballintaylor und Ballylemon. Ihm gehören 15 % der Premium-Tapetenfirma Osborne & Little. Private Banking, Skiurlaub in Klosters, Privatschulen fĂŒr die Kinder – Osborne lebt seinen Wohlstand aus. Ausgebildet wurde er an der renommierten St. Paul’s School in London. Damit war die akademische Karriere in Oxford gewissermaßen vorprogrammiert. Wie Premierminister David Cameron und der Londoner BĂŒrgermeister Boris Johnson gehörte Osborne in seiner Studienzeit dem Bullingdon Club an. Mit 23 wurde er Leiter der politischen Abteilung des Conservative Research Department, den Job hatte ihm ein Studienfreund vermittelt. Er arbeitete dann als Berater konservativer Abgeordneter wie William Hague, bis ihm der sichere Tony-Wahlkreis Tatton vermacht wurde. Mit 34 stand der BefĂŒrworter eines knallharten Thatcherismus vor der Wahl, dem Modernisierer Cameron die FĂŒhrung streitig zu machen. Allerdings fehlt es dem Schwiegersohn von Lord Howell of Gildford, der 1979 dem ersten Thatcher-Kabinett angehörte, am Charisma, das einen populĂ€ren AnfĂŒhrer ausmacht. Nach Absprache mit seiner Frau verzichtete er darauf und wurde lieber Kandidat der Tories fĂŒr das Amt des Schatzkanzlers. FĂŒnf Jahre spĂ€ter ĂŒbernahm er den Chefsessel im Schatzamt.Als Sajid Javid vor fĂŒnf Jahren ins Unterhaus einzog, wurde er von Kommentatoren bereits als mögliche kĂŒnftige FĂŒhrungskraft der Konservativen gehandelt, obwohl er bei seinen öffentlichen Auftritten gelegentlich etwas hölzern wirkt. Der Sohn eines Busfahrers aus Rochdale gehört zu den wenigen in seiner Partei, die aus einfachen VerhĂ€ltnissen stammen. Zudem ist er genau die Sorte Politiker, von denen die Tories gerne mehr hĂ€tten: “British Asians”, die aufstiegsorientiert und konservativ denken. Sein Vater, Abdul-Ghani Javid, war 1961 mit einem Pfund in der Tasche aus Pakistan nach Großbritannien gekommen. Dreizehn Jahre zuvor hatte die Familie bei der Teilung Indiens alles verloren. Sajid Javid besuchte eine Gesamtschule in Bristol und studierte anschließend Wirtschaft und Politik an der University of Exeter. Margaret Thatcher inspirierte ihn.1990 verteilte der bekennende “Star Trek”-Fan auf dem Parteitag der Konservativen FlugblĂ€tter gegen eine Mitgliedschaft des Landes im EuropĂ€ischen WĂ€hrungssystem. Seine Frau Laura traf er, als er in den Semesterferien fĂŒr eine Versicherung in Bristol arbeitete. Mit 25 war der ehrgeizige Euroskeptiker der bislang jĂŒngste Vice President der Chase Manhattan Bank in New York, 1997 zog er nach London, drei Jahre spĂ€ter kam er als Director zur Deutschen Bank. Nach vier Jahren bei dem deutschen Institut war er Managing Director, 2007 zog er nach Singapur um.Nach rund zwei Jahrzehnten Banking zog es den Vater von vier Kindern schließlich in die Politik. Ein Jahr nach seiner Wahl ins Unterhaus wurde er George Osbornes PPS (Personal Private Secretary). Neben diversen Rollen im Schatzamt – unter anderem als City-Minister – hatte er bislang das Amt des Gleichberechtigungsministers und des Ministers fĂŒr Kultur, Medien und Sport inne.Javid hat keine Angst, klare Meinungen zu vertreten. Er gilt als entschiedener UnterstĂŒtzer Israels. Nach dem Anschlag auf das Satiremagazin “Charlie Hebdo” in Paris sagte er, es wĂ€re denkfaul zu behaupten, der Angriff hĂ€tte rein ĂŒberhaupt nichts mit dem Islam zu tun. Vor einem Austritt Großbritanniens aus der EuropĂ€ischen Union hat er keine Angst. “Maggies muslimischer Erbe”, nannte ihn die “Daily Mail”.