SNB lockert um 25 Basispunkte

Die Schweiz verabschiedet sich von den Zinsen

Die Schweizerische Nationalbank (SNB) senkt den Leitzins auf 0% und schließt Interventionen am Devisenmarkt nicht aus. Eine Rückkehr der Negativzinsen ab September ist möglich.

Die Schweiz verabschiedet sich von den Zinsen

Die Schweiz verabschiedet sich von den Zinsen

Lockerung um 25 Basispunkte auf Null Prozent – Negative Raten könnten anstehen – Mögliche Intervention am Devisenmarkt

mpi Frankfurt

Die Zeit der positiven Leitzinsen in der Schweiz ist schon wieder vorbei. Die Schweizerische Nationalbank (SNB) lockert ihre Geldpolitik abermals um 25 Basispunkte. Der Leitzins steht damit jetzt bei 0% und könnte im September weiter fallen. „Das Risiko ist hoch, dass die Notenbanker den Leitzins künftig in negatives Terrain treiben werden“, meint etwa Brain Mandt, Chefvolkswirt der Luzerner Kantonalbank. 

Manche Anleger hatten mit einem solchen Schritt bereits jetzt gerechnet. An den Finanzmärkten war eine Zinssenkung um 32 Basispunkte eingepreist. Die Schweiz plagen Deflationssorgen und ein starker Franken. Im Mai waren die Verbraucherpreise im Jahresvergleich um 0,1% gesunken. Die SNB peilt eine Inflationsrate von 0 bis 2% an.

Niedrigere Energiepreise und eine Aufwertung des Franken im Vergleich zum Dollar haben die Inflation in der Schweiz gedämpft. Dieser Trend könnte sich fortsetzen. Die SNB behält sich ausdrücklich weitere Interventionen am Devisenmarkt vor, sollte dies nötig sein. Damit kommt dem Zinsentscheid auch eine weltpolitische Dimension zu.

Ärger mit Trump

Die Verwerfungen in den USA haben dazu geführt, dass Anleger vermehrt Schweizer Staatsanleihen kaufen. Der Franke hat – wie auch der Euro – stark gegenüber dem Dollar aufgewertet. Eine Entwicklung, die der SNB angesichts der bereits zu niedrigen Inflation nicht gelegen kommt. US-Präsident Donald Trump wiederum missfallen die Interventionen der Notenbank am Devisenmarkt. Er sieht darin eine Währungsmanipulation. Dies könnte die Lage im Zollstreit zwischen den USA und der Schweiz verkomplizieren.

„Die Hürde zur Wiedereinführung der Negativzinspolitik dürfte zwar etwas höher liegen, denn auch die SNB mag grundsätzlich keine Negativzinsen“, sagte Raiffeisen-Chefökonom Fredy Hasenmaile. Sollte Trump den Zollstreit jedoch weiter eskalieren lassen, würde der Handlungsdruck auf die Schweizerische Notenbank steigen, meint er.

Viel hängt von der Geopolitik ab

Ob es tatsächlich zu einer Rückkehr der Negativzinsen kommt, wird maßgeblich von der Entwicklung der Inflation abhängen. Die SNB geht kurzfristig von spürbar weniger Inflation als noch im März aus. Die mittelfristige Prognose bleibt jedoch weitgehend unverändert. Thomas Gitzel, Chefvolkswirt der VP Bank, sieht darin ein Signal, dass es eher nicht zu einer weiteren Zinssenkung kommt. Notenbankchef Martin Schlegel schloss einen solchen Schritt am Donnerstag explizit nicht aus. Er verwies jedoch auf hohe Hürden angesichts der negativen wirtschaftlichen Folgen, die Negativzinsen hätten.

„Der Leitzinsausblick in der Schweiz hängt noch mehr als in anderen Ländern von der weiteren Entwicklung des globalen Zollkonflikts ab“, sagte Daniel Hartmann, Chefökonom von Bantleon. Sollte es zu einer Entspannung kommen, sei auch die Gefahr einer Deflation gering und eine weitere Lockerung der Geldpolitik dann nicht mehr nötig. Nach Einschätzung von Hartmann ist es ein „Close Call“, ob die SNB im September abermals die Zinsen senkt.

Negativzinsen bereits jetzt vorhanden

Gitzel verweist darauf, dass Negativzinsen bereits jetzt Realität sind. Geschäftsbanken, deren Reserven bei der SNB das 18-fache der Mindestanforderungen überschritten, erhalten nun eine negative Verzinsung. Zum ersten Mal seit 2022 ist dies wieder der Fall. „Erst dieses Stufenzinssystem in Kombination mit den SNB-Bills führt dazu, dass der Saron auch tatsächlich in der Nähe des Leitzinses handelt“, sagte er. Saron ist die Abkürzung für Swiss Average Rate Overnight.

„Um dem Negativzins zu entgehen, werden Banken, deren Guthaben die Limite übersteigt, zu attraktiven Konditionen ihre Gelder an andere Institute verleihen, deren Limite noch nicht ausgeschöpft sind“, sagte Gitzel. „Als Resultat dieses Prozesses wird sich in den kommenden Wochen ein Saron im leicht negativen Bereich einstellen.“

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