Einkaufsmanagerindex

Dienstleister lassen sich von Industrie-Schwäche anstecken

Lange haben sich die Dienstleister im Euroraum dem schwächelnden Industriesektor entgegengestemmt. Nun aber kam auch ihr Wachstum annähernd zum Stillstand, wie die endgültigen Daten des Einkaufsmanagerindex zeigen.

Dienstleister lassen sich von Industrie-Schwäche anstecken

Dienstleister lassen sich von Industrie-Schwäche anstecken

Einkaufsmanagerindex für den Euroraum sinkt erneut – Jobaufbau schwächt sich ab – Heterogene Entwicklung in den Ländern

ba Frankfurt

Die Wachstumsschwäche hat nun auch die Dienstleister im Euroraum gepackt. Wie die endgültigen Daten der Einkaufsmanagerumfrage für Juli zeigen, ist die gesamte Wirtschaftsleistung so kräftig geschrumpft wie zuletzt im November vergangenen Jahres. Im Juni hatte sich noch eine Stagnation ergeben. Sämtliche in die Zukunft weisenden Unterindikatoren lassen darauf schließen, dass der Wirtschaft im gemeinsamen Währungsraum ein holprig verlaufendes zweites Halbjahr bevorsteht.

Der Industrie und Dienstleister zusammenfassende Einkaufsmanagerindex (PMI) Composite für den Euroraum ist im Juli um 1,3 auf 48,6 Punkte gefallen, wie S&P Global mitteilte. Die Erstschätzung lag noch bei 48,9 Zählern. Damit ist das Stimmungsbarometer noch weiter unter die neutrale 50-Punkte-Marke gefallen – Werte darunter signalisieren ein Schrumpfen der Wirtschaftstätigkeit. Ausschlaggebend für den Wachstumsrückgang im Juli waren laut S&P die sich beschleunigende Talfahrt der Industrie und der annähernde Stillstand im Servicesektor. Während der Industrie-PMI um 0,7 auf 42,7 Punkte fiel, gab der PMI für den Dienstleistungssektor zum dritten Mal nach, und zwar um 1,1 auf 50,9 Zähler. Zudem konstatiert S&P einen insgesamt langsameren Stellenaufbau, einen weniger optimistischen Ausblick. Die Exportnachfrage ging so rasant zurück wie seit Beginn der Corona-Pandemie nicht mehr.

„Schlechter Start“

„Die Eurozone hat einen schlechten Start in die zweite Jahreshälfte hingelegt“, die bislang tragende Rolle der Dienstleister für die Gesamtwirtschaft gehe ebenfalls zurück, kommentierte Cyrus de la Rubia, Chefvolkswirt des S&P-Partners Hamburg Commercial Bank. Im Dienstleistungssektor kündige sich eine Schwächephase an, da der Index Auftragseingang in den kontraktiven Bereich gefallen sei. Das Minus war zwar nicht allzu hoch ausgefallen, das Exportneugeschäft ging jedoch mit deutlich beschleunigter Rate zurück. Der bereits seit zweieinhalb Jahren anhaltende Jobaufbau wiederum setzte sich zwar fort, schwächte sich gegenüber den vier Vormonaten jedoch ab. Die Service-Anbieter seien „nach wie vor
eher zurückhaltend beim Abbau von Personal“ und würden vielmehr beschließen, weniger Mitarbeiter einzustellen, erklärte de la Rubia. Man brauche aber keine Kristallkugel, um zu sehen, dass das Beschäftigungswachstum in den nächsten Monaten angesichts der trüben Konjunkturaussichten zum Stillstand kommen wird. Im Juni verharrte die Arbeitslosenquote im Euroraum noch bei 6,4%.

Die Entwicklung des Dienstleistungssektors in der Eurozone bezeichnete de la Rubia als „bemerkenswert heterogen“. So stach unter den großen Euro-Volkswirtschaften Spanien heraus: Hier expandierten die Dienstleister „trotz einer erheblichen Verlangsamung seit dem ersten Quartal immer noch in einem recht gesunden Tempo“, erklärte der Chefvolkswirt. Außerdem seien in Spanien auch mehr Arbeitskräfte eingestellt worden, während die italienischen Dienstleister begonnen hätten, Jobs abzubauen. „Diese teilweise gegenläufigen Trends machen die ohnehin schon schwierige Aufgabe der EZB noch komplizierter.“ Es möge zudem die Europäische Zentralbank (EZB) beunruhigen, dass die Inflation laut PMI-Erhebung im Vergleich zum Vormonat nur leicht gesunken sei, ergänzte de la Rubia.

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