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Draghi erhält Bundesverdienstkreuz

Von Mark Schrörs, Frankfurt Börsen-Zeitung, 22.1.2020 Ex-EZB-Präsident Mario Draghi erhält in Deutschland das Bundesverdienstkreuz. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier wird dem 72-jährigen Italiener den Verdienstorden am 31. Januar im Schloss...

Draghi erhält Bundesverdienstkreuz

Von Mark Schrörs, FrankfurtEx-EZB-Präsident Mario Draghi erhält in Deutschland das Bundesverdienstkreuz. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier wird dem 72-jährigen Italiener den Verdienstorden am 31. Januar im Schloss Bellevue verleihen, wie das Bundespräsidialamt gestern mitteilte. Weitere Angaben machte das Amt nicht. Der Orden wird grundsätzlich für besondere Leistungen auf politischem, wirtschaftlichem, kulturellem, geistigem oder ehrenamtlichem Gebiet verliehen. Draghi leitete von 2011 bis 2018 die Europäische Zentralbank (EZB).Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte Ende Oktober 2019 bei der Verabschiedung von Draghi in der EZB in Frankfurt dessen Verdienste insbesondere in der Euro-Schuldenkrise gelobt. “Du hast den Euro durch unruhige See navigiert”, hatte sie gesagt. Ganz ähnlich hatte sich auch schon Steinmeier selbst im September 2018 bei einem Besuch in der EZB geäußert – noch zu Draghis Amtszeit. “Ich glaube, jeder wird heute sagen, dass wir auch dank Ihrer Arbeit, dank der Arbeit der Europäischen Zentralbank, heute besser dastehen als vor einigen Jahren mitten in der Krise”, hatte er da gesagt.Für Draghi dürfte die Auszeichnung in Deutschland eine besondere Genugtuung sein. Nirgendwo sonst standen er und die von ihm vorangetriebene ultralockere Geldpolitik der EZB derart unter Beschuss. Kritik gab – und gibt – es vor allem an den breiten Anleihekäufen (Quantitative Easing, QE) und dem negativen Einlagenzins. Die Maßnahmen der EZB landeten wiederholt auch vor dem Bundesverfassungsgericht.Draghi musste dabei auch teils sehr persönliche Kritik über sich ergehen lassen. Als er beispielsweise am Ende seiner Amtszeit im September 2019 eine weitere deutliche Lockerung der EZB-Geldpolitik auch gegen beispiellosen Widerstand im EZB-Rat durchsetzte, zeigte die “Bild”-Zeitung Draghi als Vampir “Graf Draghila”, der die Konten der deutschen Sparer “leersaugt”.Unvergessen ist auch sein Streit von Anfang 2016 mit Wolfgang Schäuble (CDU), damals Bundesfinanzminister und heute Bundestagspräsident. Schäuble, ein häufiger Kritiker der ultralockeren Geldpolitik, hatte der EZB da sogar eine Mitschuld am Erstarken populistischer Parteien wie der AfD gegeben. Damit hatte er auch bei der EZB für viel Verstimmung gesorgt. Das EZB-Engagement in der Krise hatte auch Berlin manch ungemütliche politische Entscheidung erspart. Damals sprang sogar Bundesbankpräsident Jens Weidmann, sonst Draghis größter Widersacher über viele Jahre, dem Italiener zur Seite und kritisierte die Äußerungen Schäubles.Im Sommer 2012, auf dem Höhepunkt der Euro-Krise, hatte Draghi bei einer Investorenkonferenz in London gesagt, die EZB werde innerhalb ihres Mandats alles tun, was nötig sei – “whatever it takes” -, um den Euro zu erhalten. Als Investoren auf ein Auseinanderbrechen der Währungsunion wetteten, beruhigte Draghi damit die Situation. Für seine Unterstützer war Draghi nicht zuletzt deswegen stets der “Super-Mario”, der den Euro quasi im Alleingang vor dem Kollaps gerettet hat. Für viele seiner Kritiker, vor allem in Deutschland, markiert dieser Tag dagegen jenen Zeitpunkt, als die EZB endgültig ihr Mandat überzogen hat.