Critical Raw Materials Act

Eiliges EU-Rohstoffgesetz für Wirtschaft nur ein Anfang

Im Eiltempo haben die EU-Gesetzgeber den Critical Raw Materials Act fertiggestellt. Wirtschaftsverbände setzen vor allem auf mehr Handelsabkommen und Recycling.

Eiliges EU-Rohstoffgesetz für Wirtschaft nur ein Anfang

Eiliges EU-Rohstoffgesetz für Wirtschaft nur ein Anfang

Critical Raw Materials Act im Zeitraffer fertiggestellt – Verbände setzen auf mehr Handelsabkommen und Recycling

rec Brüssel

Mindestens 10% der benötigten Rohstoffe aus heimischen Böden, 40% Weiterverarbeitung in hiesigen Werken und eine Recyclingquote von 25%: Diese Zielmarken sieht das neue EU-Rohstoffgesetz bis 2030 vor. Die Brüsseler Gesetzgeber haben es im Eiltempo abgeschlossen. Der Critical Raw Materials Act trägt Bestrebungen der Wirtschaft nach bezahlbaren Rohstoffen und mehr Unabhängigkeit Rechnung, greift Verbänden allerdings teilweise zu kurz.

Binnen acht Monaten haben Europaparlament und EU-Staaten ihre Verhandlungen zum Vorschlag der EU-Kommission aus dem März abgeschlossen – für Brüsseler Verhältnisse im Zeitraffer. Europas Gesetzgeber treibt um, dass Unternehmen bei wichtigen Rohstoffen auf China angewiesen sind. Übergeordnetes Ziel ist, diese latenten Geschäftsrisiken zu reduzieren.

So nennt Hildegard Bentele (CDU), Berichterstatterin der EVP-Fraktion, die Verordnung einen „Warnschuss an China“. Kooperationswillige neue Partnern verstünden sie bereits als Einladung. Auch unter Banken und Investoren nimmt Bentele positive Resonanz wahr. Parlamentsvizepräsidentin Nicola Beer (FDP), Berichterstatterin der liberalen Renew-Fraktion, erkennt „eine industriepolitische Blaupause für die sichere und nachhaltige Rohstoffversorgung in Europa“.

Chile top, Australien Flop

Dass sich die Gesetzgeber derart beeilt haben, kommt in Wirtschaftsverbänden positiv an. Gleichwohl fordern sie mehr: den Abschluss von Rohstoffpartnerschaften und den Aufbau einer Kreislaufwirtschaft für recycelte Rohstoffe.

Als Paradebeispiel führen Handelspolitiker ein neues Abkommen mit Chile an, um den Bedarf an Lithium zu decken und die Verarbeitung weg von China zu verlagern. Andere Entwicklungen beunruhigen die Wirtschaft. Australiens Regierung hat die Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen mit der EU abgebrochen, jene mit den Mercosur-Staaten Brasilien, Argentinien, Paraguay und Uruguay sind nach wie vor in der Schwebe.

Die Gespräche mit Australien waren eigentlich weit fortgeschritten. Deshalb hat die einseitige Entscheidung Australiens, die Gespräche aufzukündigen, die EU-Kommission unvorbereitet getroffen. Für den Maschinenbauverband VDMA sendet der Rückschlag ein verheerendes Signal. „Der australische Kontinent ist reich an Rohstoffen und nicht nur die Maschinenbauindustrie ist auf diversifizierte Lieferketten angewiesen“, sagt Ulrich Ackermann, VDMA-Bereichsleiter für Außenwirtschaft.

Umso größere Hoffnungen ruhen deshalb auf dem Mercosur-Abkommen. Volker Treier, Außenwirtschaftschef der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK), sieht darin einen wichtigen Beitrag, "die Rohstoffknappheit in Europa zu mildern und die Lieferketten deutscher Unternehmen zu diversifizieren". Die Verhandlungen ziehen sich wegen Differenzen zu Klimaschutzvorschriften hin. Delegationen aus Brüssel und Südamerika versuchen fieberhaft, das Abkommen bis Anfang Dezember abzuschließen.

Ruf nach Kreislaufwirtschaft

Der Verband der Elektro- und Digitalindustrie (ZVEI) sieht in einer funktionierenden Kreislaufwirtschaft einen zweiten Hebel, um unabhängiger von Importen kritischer Rohstoffe zu werden. Deshalb sei es positiv, dass die Recyclingquote in den Verhandlungen von den ursprünglich geplanten 15% auf 25% erhöht worden sei. Es sei aber darüber hinaus notwendig, eine einheitliche Infrastruktur zum Recycling von Rohstoffen aufzubauen und übergreifende Qualitätsstandards für recycelte Rohstoffe zu etablieren. „Erst so wird es auch Staaten mit geringerem Rohstoffaufkommen möglich, effizient und wirtschaftlich zu recyceln“, mahnt ZVEI-Bereichsleiter Oliver Blank.

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