Einigung bei Bürgergeld, Aktivrente und Straßenbau
Einigung bei Bürgergeld, Aktivrente und Straßenbau
Koalition einigt sich
bei Bürgergeld und Rente
Umschichtungen bringen 3 Mrd. Euro mehr für Straßenbau
ahe Berlin
Union und SPD haben sich in einem mehr als achtstündigen Koalitionsausschuss auf die Neuaufstellung des Bürgergeldes sowie weitere Schritte in der Rentenpolitik verständigt. Wie die Parteivorsitzenden von CDU, CSU und SPD im Anschluss an das Treffen im Bundeskanzleramt bekannt gaben, soll ab Januar 2026 eine neue Grundsicherung das Bürgergeld ablösen, in der Pflichtverletzungen deutlich schärfer sanktioniert werden. Leistungen können demnach nach zwei versäumten Terminen um 30% gekürzt und nach einem weiteren Säumnis auch zu 100% gestrichen werden.
Bei der Vermögensanrechnung gibt es künftig auch keine Karenzzeit mehr. Stattdessen wird das Schonvermögen laut der Koalitionseinigung „an die Lebensleistung der Betroffenen“ gekoppelt. Arbeitsministerin und SPD-Ko-Chefin Bärbel Bas sagte auf einer Pressekonferenz in Berlin, die Sanktionsmöglichkeiten würden bis an die Grenze dessen verschärft, was verfassungsrechtlich zulässig sei. Zugleich werde man aber in den Jobcentern einen stärkeren Fokus auf die Vermittlung in neue Arbeitsplätze legen. Einsparungen werde man nur erreichen, wenn man wieder mehr Menschen in Arbeit bringe, so Bas.
Aktivrente, Frühstartrente, private Altersvorsorge
Bei der geplanten „Aktivrente“ zurrte die Koalition weitere Details fest: Demnach soll dieses Angebot, bei dem Menschen im Rentenalter 2.000 Euro im Monat steuerfrei dazuverdienen können, bereits zum 1. Januar 2026 starten. Es gilt dann bei regulären, sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungen. Mehr netto soll es schon beim Lohnsteuerabzug geben: Einen Progressionsvorbehalt gibt es demnach nicht.
Für die „Frühstartrente“ sollen die Eckpunkte noch 2025 im Kabinett beschlossen werden. Sie soll ebenfalls dann – rückwirkend – zum 1.1.2026 in Kraft treten. Der Koalitionsausschuss beschloss zugleich, dass eine Reform der privaten Altersvorsorge (Riester-Nachfolge) ebenfalls noch in 2025 ins Kabinett kommt.
Beifall aus der Wirtschaft
Lob für diese Beschlüsse kam aus der Wirtschaft und der Finanzindustrie. Thomas Richter, Hauptgeschäftsführer des deutschen Fondsverbands BVI, erklärte mit Blick auf die geplante Reform der privaten Altersvorsorge: „Jetzt scheint die wichtigste Reform Vorrang zu bekommen, mit deren Hilfe die Rentenlücke von 50 Mill. Menschen zwischen 18 und 66 Jahren verkleinert wird.“ Zur Umsetzung liege bereits das Altersvorsorgedepot in der Schublade.
Die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) erklärte, da die deutsche Wirtschaft weiter unter erheblichem Druck stehe, seien Aufbruchssignale der Bundesregierung wichtig. Die Vereinbarungen des Koalitionsausschusses im Bereich der Sozialsysteme seien „ein wichtiges Zeichen, dass die Politik bereit ist, die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zu verbessern“. Beifall kam auch vom Großhandelsverband BGA: Endlich gehe es voran, hieß es hier. Die ebenfalls beschlossenen verstärkten Investitionen in Straßen seien gerade für den Handel wichtig.
Bau-Turbo beschlossen
Die Koalition hatte auch Umschichtungen im Sondervermögen vorgenommen: Zulasten der Mikroelektronik erhält jetzt die Verkehrsinfrastruktur bis 2029 noch 3 Mrd. Euro mehr für Investitionen. „Alles was baureif ist, wird gebaut“, betonte Kanzler Friedrich Merz. Verkehrsminister Patrick Schnieder hatte zuvor eine Unterfinanzierung bei Straßen und Schienen von sogar 15 Mrd. Euro beklagt.
Nach zwei Jahren soll nun überprüft werden, ob die Mittel ausreichend sind. Merz kündigte an, dass für Straßenverkehr-Investitionen mittelfristig auch verstärkt privates Kapital mobilisiert werden solle. Es gehe dabei insbesondere um die Etablierung der „nachhaltigen Kreditfähigkeit der Autobahn GmbH“ und die Nutzung Öffentlich-Privater Partnerschaften (ÖPP).
Der Bundestag hat unterdessen am Donnerstag mit dem „Bau-Turbo" eine weitere Reform beschlossen. Durch beschleunigte Genehmigungsverfahren in den Kommunen soll der Wohnungsbau angekurbelt werden.
„Mutiges Gesetz“
Geplant sind mehrere Änderungen im Baugesetzbuch, damit Kommunen auch von Bebauungsplänen abweichen dürfen. Die Regelung soll befristet bis Ende 2030 gelten. Nach Berechnungen aus der Koalition, sparen Wirtschaft und Kommunen dadurch Zeit und zudem bis zu 2,5 Mrd. Euro pro Jahr.
Der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie nannte den „Bau-Turbo“ ein mutiges Gesetz, um Städten und Gemeinden mehr Flexibilität beim Wohnungsneubau zu geben. Der Verband warnte zugleich, dieses Gesetz sei nicht der alleinige Heilsbringer für mehr Wohnungsbau. Schließlich änderten schnellere Genehmigungsverfahren nichts an hohen Baukosten oder überzogenen, gesetzlich verankerten Anforderungen an Wohngebäude.