Rüstungsfinanzierung

Erst Schulden, dann Steuererhöhungen

Aufrüstung wurde in der Vergangenheit stets über Schulden finanziert. Früher oder später kommt es dann immer zu Steuererhöhungen und der Fiskus bläht sich auf, warnt das IfW mit Blick auf den aktuellen Militärboom in den Industriestaaten.

Erst Schulden, dann Steuererhöhungen

Rüstungsboom: Erst Schulden, dann Steuererhöhungen

Daten des IfW zur finanziellen Entwicklung nach Aufrüstungsphasen zeigen: Der Fiskus bläht sich auf und belastet den Steuerzahler immer stärker

Von Stephan Lorz, Frankfurt

Die Steuerzahler in den westlichen Industriestaaten müssen sich wegen der aktuellen Aufrüstungsphase mittelfristig auf große finanzielle Belastungen einstellen. Davon sind die Wissenschaftler des Kiel Instituts für Weltwirtschaft (IfW) überzeugt. Sie haben die Fiskaldaten von über 150 Jahren aus 20 Ländern gesammelt und ausgewertet. Ergebnis: Früher oder später steigt die Steuerlast, weil der Staat zumindest die höhere Zinslast durch die Rüstungsverschuldung an die Bürger weitergeben will.

Diese Erkenntnis ist angesichts der Heraufsetzung des Nato-Ausgabenziels von 3 auf 5% des BIP nicht unwichtig, um die finanziellen Folgen besser abschätzen zu können. Zumal es dabei nicht geblieben ist: Auch der Ukraine werden wegen des russischen Angriffskrieges viele Rüstungsgüter finanziert. Zugleich wurden in Deutschland Sonderprogramme aufgelegt, um der über viele Jahre personell und technisch ausgezehrten Bundeswehr wieder mehr Schlagkraft zu verleihen.

Größte Aufrüstung seit Jahrzehnten

Zwar hat der Rüstungsboom in den westlichen Industrieländer noch nicht das Niveau erreicht wie in vergangenen militärischen Konflikten, räumt IfW-Forscher Christoph Trebesch ein, doch die aktuelle Aufrüstung in den Nato-Staaten sei bereits „eine der größten in den westlichen Industriestaaten in den letzten 150 Jahren, vergleichbar mit den Aufrüstungsphasen während der Weltkriege oder des Koreakriegs“.

Allein die US-Hilfen an Großbritannien im Zweiten Weltkrieg lagen allerdings bei über 3% des BIP. Das ist etwa auch das Niveau, das Dänemark bisher als Militärhilfen der Ukraine zugeleitet hat. Im Falle Deutschlands sind es diesbezüglich rund 1,2%, wie Daten des IfW-Ukraine-Support-Tracker zeigen.

Zinslasten steigen

Zunächst, so die IfW-Forscher, erfolge die Finanzierung von Militärausgaben stets über höhere Staatsschulden, aber mittel- und langfristig steige immer die Steuerlast. Diese historischen Zusammenhänge lassen sich zumindest für den ersten Teil schon mal auf die Gegenwart übertragen. Und was den zweiten Teil betrifft, so sollten sich die Steuerzahler vor allem auf höhere Konsum- und Einkommenssteuersätze einstellen, auf die Staaten in der Vergangenheit nach solchen Rüstungsphasen besonders gerne zugegriffen haben.

Wie die Studie zeigt, gibt es zwar hinsichtlich des zu finanzierenden Rüstungsvolumens große Unterschiede zwischen Kriegs- und Friedenszeiten. Die Mechanismen hinter der Steuerfinanzierung bleiben aber weitgehend die gleichen. Schuldenaufnahme und Steuererhöhungen fallen in Bedrohungslagen nur niedriger aus als in Kriegen, dennoch komme es zu nachhaltigen Steuerveränderungen.

Steuerlast bleibt hoch

Die höheren Steuersätze bleiben dann in der Regel auch 15 Jahre nach der Aufrüstungsphase „auf einem signifikant höheren Niveau, selbst wenn die Schuldenlast sinkt", wie das IfW schreibt. Dass Staaten die neu eingeführten Steuern wieder vollständig rückgängig machen, sei mit Blick auf die Historie eher „die Ausnahme“. Auch nach mehr als einem Jahrzehnt nach einer Aufrüstungsphase lagen die durchschnittlichen Steuereinnahmen „noch immer um 20 bis 30% und die Spitzensteuersätze um etwa 15 Prozentpunkte über dem ursprünglichen Niveau“, schreiben die Wissenschaftler. Auf die Steuerzahler, so Trebesch, würden also „langfristig finanzielle Belastungen zukommen“.