Jahresbericht des Normenkontrollrates

Erste Hoffnungsschimmer bei Bürokratiekosten

Der Normenkontrollrat sieht beim Thema Bürokratieabbau erste Lichtblicke. Der Erfüllungsaufwand ist zuletzt etwas gesunken. Lob gibt es darüber hinaus für die Staatsmodernisierungsagenda der Bundesregierung.

Erste Hoffnungsschimmer bei Bürokratiekosten

„Die Politik hat verstanden“

Der Normenkontrollrat verbucht sinkende Bürokratiekosten, mahnt aber bessere Gesetzgebung an – Lob für Koalitionsagenda

Der Nationale Normenkontrollrat sieht beim Thema Bürokratieabbau erste Lichtblicke. Der Erfüllungsaufwand der deutschen Regulierung ist zuletzt etwas gesunken. Lob gibt es darüber hinaus für die Staatsmodernisierungsagenda der Bundesregierung. Sorgen bereitet dem Gremium weiterhin die EU-Regulierung.

ahe Berlin

Der jährliche Erfüllungsaufwand deutscher Regulierung ist nach Berechnungen des Nationalen Normenkontrollrates (NKR) von Mitte 2024 bis Mitte 2025 um fast 3,2 Mrd. Euro zurückgegangen. Von den Entlastungen profitierte die Wirtschaft mit knapp 1 Mrd. Euro, die Verwaltung mit 1,7 Mrd. Euro und die Bürger mit 500 Mill. Euro, wie aus dem am Donnerstag vorgelegten Jahresbericht des Beratergremiums hervorgeht.

Zur Begründung verwies der NKR-Vorsitzende Lutz Goebel darauf, dass bereits die letzte Bundesregierung einen Kurswechsel angestoßen habe, auf die die schwarz-rote Koalition jetzt aufsetze und gleich zu Beginn der Legislatur mit dem Bau-Turbo eine große Entlastungsmaßnahme umgesetzt habe. Allein dieser Schritt entlaste Verwaltung und Wirtschaft potenziell um 2,5 Mrd. Euro pro Jahr, lobte Goebel.

Der vermeintliche Abwärtstrend ist seinen Worten zufolge allerdings mit Vorsicht zu betrachten. Denn seit August seien bereits wieder mehrere sehr belastende Vorhaben von der Bundesregierung beschlossen worden. Geobels Stellvertreterin Sabine Kuhlmann verwies in diesem Zusammenhang auch auf die EU-Ebene: Die Gesetzgebung gehe auch in Brüssel munter weiter, kritisierte sie. Der „Belastungsberg“ für Bürger und Unternehmen bleibe zudem viel zu hoch: Die Bürokratiekosten summierten sich in Deutschland aktuell auf 64 Mrd. Euro pro Jahr. Der Erfüllungsaufwand sei in der letzten Legislaturperiode unter der Ampel-Regierung um fast 8 Mrd. Euro gestiegen.

Kuhlmann forderte die Bundesregierung auf, künftig insbesondere die Qualität der Gesetzgebungsverfahren zu verbessern. Bereits in einer frühen Phase der Verfahren müsse es beispielsweise Praxis-, Bürger- und Digital-Checks mit Experten aus der Verwaltung, von Unternehmen und Betroffenen geben. 

„Entlastungskabinett“ geplant

Das unabhängige Beratergremium sprach sich im Jahresbericht perspektivisch für die Einführung einer „Deutschland-App“ für alle Verwaltungsleistungen aus. Für Aufgaben der Länder könne die Bereitstellung von Leistungen über diese App freiwillig bleiben, für Aufgaben des Bundes sollte sie verpflichtend sein.

Die Bundesregierung erhielt vom Normenkontrollrat reichlich Lob für ihre Vorhaben: „Die Politik hat verstanden“, betonte Goebel. Er hält die von der Koalition beschlossene Agenda für eine Staatsmodernisierung für „ambitioniert, aber erreichbar“. Es müsse aber eine starke politische Steuerung aus dem zuständigen Ministerium für Digitales und Staatsmodernisierung sowie aus dem Kanzleramt geben. Zudem müsse der Fahrplan mit der föderalen Reformagenda der Regierung verknüpft werden, die Ende dieses Jahres zu erwarten sei.

„Entlastungskabinett“ Anfang November

Minister Karsten Wildberger bekräftigte bei der Entgegennahme des NKR-Jahresberichts noch einmal das Ziel, dass in dieser Legislaturperiode die Bürokratiekosten um 16 Mrd. Euro und der Erfüllungsaufwand um 10 Mrd. Euro sinken soll. Der CDU-Politiker kündigte für Anfang November ein „Entlastungskabinett“ an. In der Sitzung werde die Koalition zahlreiche Vorhaben beschließen, die zu den Zielen beitragen würden.

Der NKR sieht für die Bundesregierung insbesondere auch den „klaren Auftrag“, in Brüssel frühzeitig in Gesetzgebungsverfahren einzugreifen. Deutschland muss früher mit einer Stimme sprechen und sich im europäischen Gesetzgebungsprozess vehement gegen unnötige Bürokratie einsetzen, hieß es.

Ein langer Atem notwendig

Und auch Wildberger warnte, dass bei der Umsetzung von EU-Vorgaben in nationales Recht noch einiges auf die Koalition zukomme, etwa beim Data Governance Act oder der KI-Verordnung. Wildberger versprach aber eine Eins-zu-Eins-Umsetzung der europäischen Regulierung. Ein „Goldplating“ mit einer zusätzlichen nationalen Ausschmückung werde es unter Schwarz-Rot nicht mehr geben.

Der Jahresbericht mache deutlich: „Es bewegt sich etwas, aber wir brauchen mehr Tempo, Verbindlichkeit – und einen langen Atem“, erklärte der NKR und verwies zugleich darauf, dass eine aktive Unterstützung der Länder nötig sei, um die Reformagenda umzusetzen. Ohne strukturelle Veränderungen im föderalen Gefüge gehe es nicht.