Erzeugerpreise mit zwiespältiger Botschaft
Erzeugerpreise mit zwiespältiger Botschaft
Erzeugerpreise mit zwiespältiger Botschaft
Geringster Jahresanstieg seit April 2021 – Preise klettern überraschend gegenüber Vormonat – Inflationsdruck bleibt hoch
mpi Frankfurt
So gering wie im April sind die deutschen Erzeugerpreise seit zwei Jahren nicht mehr geklettert. Im Vergleich zum Vorjahresmonat verlangten die Hersteller gewerblicher Produkte nur noch 4,1% mehr für ihre Waren, wie das Statistische Bundesamt am Freitag mitteilte. Dies ist der niedrigste Anstieg seit April 2021. Der Höhepunkt wurde im September des vergangenen Jahres bei einer Teuerungsrate von 45,8% erreicht. Seitdem hat es nun zum siebten Mal in Folge einen Rückgang gegeben.
Von den Daten zu den Erzeugerpreisen, die ein Vorbote für die künftige Entwicklung der Verbraucherpreise sind, gehen aber nicht nur Entspannungssignale aus. Zum ersten Mal seit dem besagten Höhepunkt der Jahresrate im September sind die Erzeugerpreise gegenüber dem Vormonat wieder gestiegen. Hier steht ein Plus von 0,3% zu Buche, während von der Nachrichtenagentur Reuters befragte Ökonomen im Vorfeld im Schnitt mit einem Rückgang um 0,5% gerechnet hatten. „Alles in allem keine dramatische Zahl, aber sie zeigt, dass die Inflation zurückgehen mag, die Preise selbst aber wohl nicht“, kommentierte LBBW-Ökonom Jens-Oliver Niklasch die Entwicklung. „Das gilt vor allem für die Produkte weiter hinten in den Wertschöpfungsketten, letztlich also auch für den privaten Endverbrauch.“
Stark gestiegen sind im April die Preise für Verbrauchsgüter, die im Jahresvergleich um 11,4% geklettert sind. Vor allem bei Nahrungsmitteln, die auch zuletzt die Verbraucherpreise angeheizt haben, sind die Preise gestiegen. Besonders stark nahmen die Preise für Zucker (plus 88,9% gegenüber April 2022) zu. Verarbeitete Kartoffeln kosteten 40,5% mehr als im April 2022, Schweinefleisch 18,5%.
Investitionsgüter deutlich teurer
Hauptreiber der Teuerung bei den Erzeugerpreisen waren im April aufgrund ihrer höheren Gewichtung jedoch die Investitionsgüter. Diese kosteten im Jahresvergleich 6,8% mehr. Vor allem Maschinen (plus 8,6%) sowie Kraftwagen und Kraftwagenteile (plus 5,6%) verteuerten sich stark. Aufwärts ging es auch bei den Energiepreisen. Nicht nur im Jahresvergleich, sondern auch gegenüber dem März stiegen sie. Das Plus von 1,0% ist der erste Anstieg im Monatsvergleich seit September 2022. Da die Energiepreise bereits kurz nach Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine im Februar 2022 stark geklettert waren, führte dies nun gemeinsam mit den Preisrückgängen der vergangenen Monate jedoch nur noch zu einem vergleichsweise moderaten Anstieg im Vorjahresvergleich.
Die Europäische Zentralbank (EZB) dürfte sich durch die Entwicklung der Erzeugerpreise darin bestätigt sehen, dass der Kampf gegen die hohe Inflation fortgesetzt werden muss, auch wenn die Teuerung weiter sinken dürfte. EZB-Präsidentin Christine Lagarde bekräftigte am Freitag erneut, dass der Zinszyklus der Zentralbank noch nicht vorbei sein dürfte. „Wir steuern künftig auf heiklere Entscheidungen zu, aber wir werden beherzt sein und die Entscheidungen treffen, die nötig sind, um die Inflation wieder auf 2% zurückzuführen“, sagte Lagarde in einem Interview mit dem spanischen Fernsehsender TVE.
Die EZB hat seit Beginn der Zinswende im Juli 2022 siebenmal die Leitzinsen erhöht. Lagarde sagte bereits im Anschluss an den jüngsten Zinsentscheid Anfang Mai: „Es ist ganz klar, dass wir keine Pause machen werden.” Die meisten Beobachter rechnen mit noch zwei weiteren Erhöhungen um jeweils 25 Basispunkte im Juni und Juli.
