Inflation

Erzeugerpreise steigen so stark wie nie seit Beginn der Erhebung

Im Vergleich zum Vorjahresmonat kletterten die Erzeugerpreise in Deutschland im April um 33,5%. Nie gab es einen größeren Anstieg. Der Druck auf die EZB, die Zinswende zeitnah einzuleiten, wächst damit.

Erzeugerpreise steigen so stark wie nie seit Beginn der Erhebung

Die Erzeugerpreise für gewerbliche Produkte stiegen im April im Vergleich zum Vorjahresmonat um 33,5%, wie das Statistische Bundesamt am Freitagmorgen in Wiesbaden mitteilte. Dies ist der stärkste Anstieg seit Beginn der Datenerhebung im Jahr 1949. Im Vergleich zum Vormonat kletterten die Erzeugerpreise um 2,8%. Analysten wurden von der Stärke des erneuten Preisschubs überrascht. Sie hatten einen etwas geringeren Anstieg um 31,3% erwartet.

Haupttreiber für die Entwicklung waren abermals die gestiegenen Energiepreise, die im April im Durchschnitt um 87,3% höher waren als noch im Vormonat. Hierbei zeigen sich auch die Auswirkungen des Krieges in der Ukraine. Infolge der durch den Westen verhängten Sanktionen und des Versuchs, sich bei der Energieversorgung unabhängiger von Russland zu machen, sind die Preise deutlich gestiegen.

Hier explodierten vor allem die Preise für Erdgas. Kraftwerke zahlten im April gut viermal so viel wie ein Jahr zuvor (+307,0 %). Für Industrieabnehmer war Erdgas 259,9 % teurer und für Wiederverkäufer 170,0 %. Die Strompreise kletterten um 87,7% und Mineralölerzeugnisse verteuerten sich um 53,9%. Berücksichtigt man die exorbitant gestiegenen Energiepreise nicht, sind die Erzeugerpreise im Vergleich zum Vorjahresmonat immer noch um 16,3% gestiegen.

Die Erzeugerpreise sind ein guter Indikator für die Entwicklung der Verbraucherpreise in der Zukunft, da Unternehmen versuchen, die gestiegenen Produktionspreise an die Konsumenten weiter zu geben. Die Inflation in Deutschland ist aktuell so hoch wie seit rund 40 Jahren nicht mehr. Im April lag die Teuerungsrate nach EU-harmonisierter Berechnung bei 7,8 %. Im Euroraum sind es 7,5 % – ein absoluter Rekordwert seit Einführung des Euro im Jahr 1999. Für immer mehr Verbraucher stellt dies ein enormes Problem dar. Deshalb wächst der Druck auf die Politik, für mehr Entlastung zu sorgen, und auf die EZB, die im Vergleich zu anderen Notenbanken bislang sehr viel zaghafter auf die hohen Teuerungsraten reagiert hat.

Dies könnte sich im Juli ändern. Immer mehr EZB-Ratsmitglieder fordern in der Öffentlichkeit den Beginn der Zinswende im Sommer. Vergangene Woche deutete dann auch EZB-Chefin Christine Lagarde, die für ihre bislang lockere Geldpolitik zuletzt zum Teil stark in der Kritik stand, an, dass eine Erhöhung der Leitzinsen demnächst anstehe.

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.