Zahlungsaufschub

Etappenerfolg für Argentinien

Die argentinische Regierung war mit der Rückzahlung eines milliardenschweren Darlehens in Verzug – nun verschafft ihr ein Kompromiss mit Deutschland und anderen Gläubigern Zeit. Zugleich gehen die Verhandlungen mit dem Internationalen Währungsfonds weiter.

Etappenerfolg für Argentinien

af Buenos Aires

Argentinien hat einen Zahlungsaufschub mit seinen im Pariser Club versammelten Gläubigerstaaten aushandeln können. Finanzminister Martín Guzmán kündigte am Dienstagnachmittag in Buenos Aires eine Übereinkunft an, die dem Land bis März 2022 Zeit gibt, um seine Kreditverpflichtungen zu erfüllen. Dies bedeute für das von einer zweiten Pandemie-Welle massiv getroffene Argentinien eine finanzielle Entlastung von 2 Mrd. Dollar bis zum kommenden März.

Anstelle der bereits am 31. Mai fällig gewesenen 2,4 Mrd. Dollar will Argentinien nun etwa 430 Mill. Dollar zahlen, die in zwei etwa gleich großen Raten überwiesen werden sollen. Die erste soll Ende Juli auf den Weg gebracht werden, die zweite Ende März 2022. Laut Guzmán wird Präsident Alberto Fernández in einem Präsidialdekret „die Haushaltsposten neu justieren“.

Die Überbrückung endet am letzten Tag des ersten Quartals, also am selben Tag, an dem das Land fast 5 Mrd. Dollar an den Internationalen Währungsfonds (IWF) zahlen muss. Und das wäre nur ein Viertel der im kommenden Jahr ausstehenden Verbindlichkeiten mit dem IWF. Weil die wichtigsten Gläubiger des Pariser Clubs – Deutschland ist dort mit 37,4% der Hauptgeldgeber (siehe Grafik) – auch zu den Schwergewichten im IWF zählen, hatten deren Regierungen von Argentinien verlangt, zunächst mit dem IWF einen konkreten Plan für die Rückzahlung des rekordhohen sogenannten Stand-by-Kredits von 2018 zu vereinbaren. Damals hatte die Vorgängerregierung unter Mauricio Macri eine Kreditlinie von 57 Mrd. Dollar ausgehandelt, von denen bis zur Wahlniederlage der wirtschaftsfreundlichen Regierung 2019 etwa 45 Mrd. Dollar ausgezahlt wurden. Diese Schulden müssen bis 2023 zurückgezahlt werden, wenn bis dahin keine Umschuldung gelingt.

Seit Jahresanfang verhandeln Argentinien und die IWF-Spitzen. Allerdings hat die zweite Welle der Pandemie die Gespräche ebenso beeinträchtigt wie der aufkommende Wahlkampf vor den Halbzeit-Wahlen, bei denen die regierenden Peronisten Mehrheiten in beiden Parlamentskammern erreichen wollen. In der Wahlkampagne haben vor allem Kreise um die mächtige Vizepräsidentin Cristina Kirchner die Verhandlungsautorität des Finanzministers Guzmán und des Präsidenten Fernández durch wiederholte politische Querschüsse erheblich geschwächt. Kirchner sagte am 24. März lapidar: „Es ist kein Geld da.“

Diese Konflikte innerhalb der Regierung haben offensichtlich beim IWF und auch beim Pariser Club zu zwei Einsichten geführt: Zum einen wird die durch die Pandemie-Folgen erheblich bedrängte Regierung Fer­nández vor dem Wahlgang Mitte November kein Programm unterzeichnen, das dem Land, das im Vorjahr fast 10% seiner Gesamtwirtschaftsleistung einbüßte, fiskalische Einsparungen abverlangt. Zum anderen wissen die Gläubiger, dass ein allfälliger Zahlungsausfall mit dem Pariser Club Ende Juli in Argentinien Instabilität und womöglich einen weiteren neuen Währungsverfall ausgelöst und die Aussichten auf eine Rückzahlung der Außenstände verschlechtert hätte.

Dass es nun zu der Einigung mit dem Pariser Club kam, liegt auch an einem neu formulierten Prinzip der „Vergleichbarkeit“. Vor allem Japan hatte seit Wochen verlangt, dass Argentinien nicht einen Zahlungsaufschub verlangen könne, während es Außenstände in China klaglos bedient. Der ausgehandelte Betrag von 430 Mill. Dollar entspricht in etwa jenem Betrag, den Argentinien in diesem Jahr für den Schuldendienst nach Peking überweist.

Die Mittel für die Überbrückungszahlung scheint Argentinien zu besitzen, weil Agrarexporteure im ersten Quartal etwa 10 Mrd. Dollar mehr ins Land brachten als in den Vorjahren. Weil die Zentralbank den Abfluss von Devisen weiter stark limitiert, konnte die Zentralbank ihre Nettoreserven leicht aufbauen.