EU-Finanzminister

EU nimmt Steueroasen in den Fokus

Die Bundesregierung will Steuerflucht aus Deutschland erschweren. Das Finanzministerium in Berlin legte gestern einen Entwurf für ein sogenanntes Steueroasen-Abwehrgesetz vor, durch das Personen und Unternehmen davon abgehalten werden sollen,...

EU nimmt Steueroasen in den Fokus

ahe Brüssel

Die Bundesregierung will Steuerflucht aus Deutschland erschweren. Das Finanzministerium in Berlin legte gestern einen Entwurf für ein sogenanntes Steueroasen-Abwehrgesetz vor, durch das Personen und Unternehmen davon abgehalten werden sollen, Geschäftsbeziehungen zu Staaten und Steuergebieten fortzusetzen oder neu aufzunehmen, die sich nicht an internationale Steuerstandards halten. Damit erhielten die deutschen Steuerbehörden die „richtigen Waffen“ gegen Steuervermeidung an die Hand, sagte Bundesfinanzminister Olaf Scholz im Vorfeld von Beratungen der Eurogruppe in Berlin. Er verwies zugleich darauf, dass der Kampf gegen Steuerflucht international koordiniert ablaufen müsse. „Alleine wären wir alle verloren, zusammen sind wir stark“, sagte Scholz.

Die EU-Finanzminister befassen sich heute mit dem Thema und wollen noch einmal die schwarze EU-Liste der Steueroasen aktualisieren, die 2017 eingeführt worden war. Der Grünen-Europaabgeordnete Sven Giegold kritisierte, sowohl der neue Gesetzesentwurf des Berliner Finanzministeriums als auch die Beratungen auf EU-Ebene hätten diese schwarze EU-Liste als Basis – auf dieser fehlten allerdings die wichtigsten Steueroasen. Die Liste sei bislang ein zahnloser Tiger, monierte Giegold. Die verzeichneten Länder machten nur 2% der weltweiten Steuervermeidung von Unternehmen aus. Florierende Steueroasen wie die Kaiman-Inseln fehlten. Auch die USA würden nur mit Samthandschuhen angefasst. Wenn Scholz wirksam gegen Steuervermeidung vorgehen wolle, dürfe er vor den wichtigsten Steueroasen nicht kuschen, so Giegold, der für die Einführung einer Quellensteuer plädierte.

Im Blick der heutigen Finanzminister-Beratungen steht unter anderem die Entscheidung, die Türkei von der „grauen Liste“ auf die schwarze Liste zu setzen, weil Ankara bislang mehrere Versprechen noch nicht umgesetzt hat. Mehrere EU-Länder, allen voran Frankreich, aber auch Dänemark, Griechenland, Zypern und tendenziell auch Österreich haben sich für einen schärferen Kurs gegenüber der Türkei ausgesprochen. Das Bundesfinanzministerium will dagegen – ebenso wie etwa Italien oder Spanien – einen Kompromiss mittragen, wie aus einem internen Papier hervorgeht, das der Börsen-Zeitung vorliegt. Dieser sieht zunächst weitere Gespräche mit Ankara vor. „Einen Automatismus lehnen wir ab“, hieß es in dem Papier des Finanzministeriums.

Differenzen in Eurogruppe

Bei den gestrigen Beratungen der Eurogruppe zeigten sich derweil Uneinigkeiten der Finanzminister, wie die fiskalische Ausrichtung in diesem Jahr als Antwort auf den weiteren Verlauf der Corona-Pandemie ausfallen soll. Eurogruppen-Chef Paschal Donohoe hatte angeregt, bereits im März erste Eckpunkte für eine mögliche Neuausrichtung der Fiskalpolitik festzuzurren. Dies würde die Haushalts-Guidance betreffen, ein mögliches Ende der Aussetzung der Haushaltsregeln und von Defizitverfahren. Bundesfinanzminister Scholz ist dagegen der Ansicht, dass eine inhaltliche Debatte erst nach der nächsten Prognose der EU-Kommission Ende Mai möglich ist. Für fiskalische Festlegungen gebe es noch eine zu hohe Unsicherheit, hieß es in dem Papier des Ministeriums.