EU-Rechnungshof warnt Brüssel vor steigenden Schuldenlasten
EU-Rechnungshof warnt Brüssel vor steigenden Schuldenlasten
Rechnungshof warnt Brüssel vor Schuldenlasten
EU-Prüfer wollen in Verhandlungen zum neuen Finanzrahmen einbezogen werden
lz Frankfurt
Die Prüfer des Europäischen Rechnungshofs warnen vor der zunehmenden Belastung durch die steigende Verschuldung der Gemeinschaft. Der Handlungsspielraum werde damit immer geringer, mahnte Tony Murphy, der Präsident des Rechnungshofs, die EU-Kommission im neuen Jahresbericht. Im Jahr 2020 wurde zur Linderung der Pandemie, der Beschleunigung der Energiewende und der Digitalisierung ein mehr als 800 Mrd. Euro schwerer Wiederaufbaufonds aufgelegt. Er sollte die Folgen der Pandemie lindern, die Energiewende vorantreiben und die Digitalisierung beschleunigen. Für den Topf verschuldete sich die EU zum ersten Mal in großem Umfang. Manche Offizielle sprachen damals vom Beginn einer Ära, in der die Nationen Europas gemeinsam Kredite aufnehmen und so enger zusammenwachsen. Der Kredit soll von 2028 bis 2058 durch die EU zurückgezahlt werden.
Zinszahlungen steigen
Der Rechnungshof spricht jetzt von insgesamt ausstehenden EU-Anleihen, die sich bis 2027 auf über 900 Mrd. Euro summieren. Darüber hinaus seien für das Corona-Kreditprogramm im aktuellen Haushaltszeitraum Zinszahlungen in Höhe von insgesamt über 30 Mrd. Euro fällig, mehr als doppelt so viel, wie die EU-Kommission mit 14,9 Mrd. Euro ursprünglich veranschlagt hatte. Im Zeitraum von 2028 bis 2034 könnten die Zinszahlungen dann sogar auf fast 74 Mrd. Euro steigen.
Der Rechnungshof macht sich vor diesem Hintergrund Sorgen vor allem um die Tragfähigkeit künftiger EU-Haushalte. Brüssel müsse die wachsende Belastung durch Kreditverpflichtungen mehr in den Blick nehmen und künftig auf ausreichende Ressourcen für die Durchführung von weiteren EU-Programmen achten.
Betrugsverdacht
Insgesamt bescheinigten sie dem EU-Haushalt jedoch, dass Fehlbuchungen zurückgegangen seien. Allerdings sind ihnen „Unregelmäßigkeiten“ im Coronafonds (ARF) aufgefallen. Von den 28 Zahlungen in Höhe von 59,9 Mrd. Euro, die im Jahr 2024 an Mitgliedsländer geflossen seien, hätten sechs nicht den geltenden Regeln entsprochen. Außerdem seien sie bei der Prüfung auf 19 Fälle gestoßen, in denen sie Betrug vermuten.
Vor dem Hintergrund der aktuellen Diskussion über die Gestaltung des nächsten EU-Haushaltszeitraums ab 2028 fordern die Prüfer ein stärkeres Augenmerk auf Leistungsmessung, Transparenz und Rechenschaftspflicht zu werfen. Zudem bringen sie sich selber in Stellung und verlangen, in die Beratungen zum neuen Haushalts einbezogen zu werden. Denn es gehe um den Schutz der „finanziellen Interessen der EU“, schreibt Murphy.
Neuer Brüsseler Haushaltsrahmen
Für den nächsten Haushaltsrahmen plant Brüssel nämlich geradezu eine Revolution. Das finanzielle Budgetvolumen soll von aktuell 800 Mrd. Euro auf 2 Bill. Euro steigen. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen spricht von einem „Etat für die Realität von heute und die Herausforderungen von morgen“. Bislang fließt etwa ein Drittel des Etats an Landwirte, ein Drittel an ärmere Regionen und ein Drittel in den Rest. Das passe nicht mehr zu der Welt von heute. Die EU befinde sich in einem globalen Wettrennen um Technologien wie Quantencomputer und Künstliche Intelligenz. Zudem müsse der Klimawandel bekämpft werden. Und Brüssel müsse Schulden aus der Zeit der Pandemie begleichen.
Ihr Vorschlag ist indes umstritten, denn zur Finanzierung des höheren Volumens sieht der umstrukturierte Haushalt Gemeinschaftssteuern vor, was Brüssel allerdings als „neue Eigenmittel“ verbrämt. Konkret schlägt die Kommission eine Abgabe für Unternehmen mit mehr als 50 Mill. Euro Jahresumsatz und eine Abgabe auf Elektroschrott vor. Zudem soll ein Teil der Einnahmen aus den Tabaksteuern der Mitgliedsländer nach Brüssel fließen. Auch über die Aufnahme neuer zusätzlicher Kredite wird debattiert. Doch der Widerstand vor allem in den aktuellen Geberländern wie Deutschland ist gewaltig.