EU nähert sich Antwort auf US-Subventionspaket
wü/wf/rec Paris/Berlin/Brüssel
Europas Regierungen tasten sich an eine Antwort auf das US-Subventionspaket heran. Deutschland und Frankreich hätten im Hinblick auf die amerikanischen Klimaschutz-Hilfen für die Industrie eine gemeinsame Linie festgelegt, erklärte Präsident Emmanuel Macron beim Besuch von Bundeskanzler Olaf Scholz. EU-Ratspräsident Charles Michel umriss einen Vier-Punkte-Plan.
Mit IRA ist der Inflation Reduction Act gemeint. Das Prestigeprojekt von US-Präsident Joe Biden sieht Steuernachlässe und Subventionen im Umfang von knapp 370 Mrd. Dollar vor – vorrangig zum Vorteil von US-Unternehmen. Europas Wirtschaft fühlt sich deshalb benachteiligt.
Deutschland und Frankreich seien für eine schnelle und ehrgeizige europäische Antwort, sagte Macron. Sie ermutigten die Bemühungen der EU-Kommission, in Verhandlungen mit den USA Ausnahmen beim Zugang zum amerikanischen Markt zu erreichen, wie es sie für Kanada und Mexiko gebe. Es müsse auch eine relevante, schnelle und für die Industrie klare europäische Antwort geben, die es ihr ermögliche, Projekte für Batterien und Wasserstoff sowie die Produktionskapazitäten für den Einsatz erneuerbarer Energien zu konsolidieren und zu entwickeln. Darüber hinaus seien beide Länder aber auch für eine gemeinsame europäische Strategie für künstliche Intelligenz, Cloud-Dienste, 5G- und 6G-Netze sowie Quantencomputer.
Macron sagte EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen Unterstützung für ihre beim Weltwirtschaftsforum in Davos skizzierte Industriepolitik zu. Ihre Behörde hat für den 1. Februar Einzelheiten angekündigt. Auf Basis dieser Vorschläge werde man gemeinsam die richtigen Finanzierungsmechanismen entwickeln, sagte Macron. Ziel sei, dass diese vergleichbar mit denen der USA und so einfach wie möglich seien. Bestehende Finanzierungsmechanismen seien mitunter zu schwerfällig und mit zu vielen Zwängen verbunden. Ähnlich wie Deutschland und Frankreich setzt sich EU-Ratspräsident Michel für eine Lockerung der Beihilferegeln ein und will Mittel aus dem 750 Mrd. Euro schweren EU-Wiederaufbaufonds umwidmen. Zugleich wirbt er für ein neues Finanzierungsinstrument nach dem Vorbild des inzwischen ausgelaufenen EU-Kurzarbeitergeldes Sure und für einen Souveränitätsfonds, den von der Leyen ins Spiel gebracht hat.
In Berlin dringt das SPD-Wirtschaftsforum, ein Unternehmerverband, mit einem Positionspapier auf eine „schnelle und mutige Antwort auf den IRA“. Industriepräsident Siegfried Russwurm hatte sich für eine „kluge industriepolitische Antwort“ ausgesprochen. Die europäische Förderung müsse intelligent und finanzstark sein – mit klarem Fokus auf Innovationen und Zukunftstechnologien. Parallel setzt der Chef des Industrieverbands BDI auf laufende Gespräche mit den USA: „In der aktuellen Weltlage ist die transatlantische Kooperation wichtiger denn je.“ Deshalb begrüßt der BDI die transatlantische Taskforce, die Lösungen und Ausnahmen für europäische Unternehmen verhandeln soll.
Für gefährdet hält der BDI die dringend nötige Aufholjagd der europäischen Halbleiterindustrie. „Der EU Chips Act ist im Vergleich mit dem US Chips and Science Act schlichtweg nicht ehrgeizig genug“, konstatierte Russwurm. Die EU dürfe künstliche Intelligenz – in Sorge vor theoretisch möglichen Risiken – nicht überregulieren und damit die großen Chancen dieser Technologie verpassen. Eine europäische Vergeltung in Form von Zöllen lehnt der BDI ab, da der Konflikt dadurch angefacht würde. Er dürfe nicht in einen Handelskrieg münden. Die Durchführungsrichtlinien der US-Behörden zum Gesetz müssten so großzügig wie möglich ausfallen.