Einkaufsmanagerindex

Euro-Industrie spürt nun auch Nachfrageschwäche

Neben den anhaltenden Lieferproblemen macht der Euro-Industrie nun auch eine schwächere Nachfrage zu schaffen. Die Stimmung hat sich denn auch im September kräftig eingetrübt.

Euro-Industrie spürt nun auch Nachfrageschwäche

ba Frankfurt

Die anhaltenden Lieferprobleme dämpfen mittlerweile nicht mehr nur die Stimmung der Industrie in der Eurozone, sondern bringen nun auch eine geringere Nachfrage mit sich. Dass Bestellungen verschoben oder gar storniert werden, die leer gefegten Lager nicht aufgefüllt werden können und die Preise auch im September noch weiter gestiegen sind, zeigen die endgültigen Ergebnisse der aktuellen Einkaufsmanagerumfrage.

Der vom Analysehaus IHS Markit erhobene Index ist um 2,8 auf 58,6 Punkte gesunken. Die Vorabschätzung lag um 0,1 Zähler höher. Damit liegt das Barometer zwar weiter oberhalb der Wachstumsschwelle von 50 Punkten, die wirtschaftliche Expansion signalisiert, doch ist es der niedrigste Wert seit Februar und der stärkste Rückgang seit April 2020 als die Coronavirus-Pandemie an Fahrt aufnahm und weltweit Restriktionen erlassen wurden.

Kleine Länder liegen vorne

„Die Lieferproblematik sorgte in weiten Teilen der Euro-Industrie für erhebliche Störungen“, erklärte Chris Williamson, Chefvolkswirt bei IHS Markit. Die Unternehmen hätten vom größten Ausmaß an Verzögerungen und Engpässen seit fast einem Vierteljahrhundert berichtet und es gebe keinerlei Anzeichen für eine baldige Besserung. Dass sich das Beschäftigungswachstum verlangsamt habe, führt Williamson zum Teil auch auf den geringeren Bedarf an Arbeitskräften angesichts des weit verbreiteten Mangels an Komponenten zurück. Auch der Inflationsdruck blieb hoch: Zwar sind die Einkaufspreise schwächer als zuletzt gestiegen, doch der entsprechende Index notiert noch immer auf sehr hohem Niveau. Um die operativen Margen zu sichern, wurden die Verkaufspreise etwas stärker angehoben als im August. Mit den rückläufigen Infektionszahlen und zunehmender Impfrate weitweit dürfte sich die Versorgungslage allmählich verbessern – „doch es wird zwangsläufig ein langsamer Prozess sein“, mahnte Williamson. Die Versorgungsprobleme und steigenden Preise könnten bis weit ins Jahr 2022 hinein andauern.

Der Blick auf die Länder zeigt, dass im September die kleineren Euroländer das stärkste Wachstum verzeichneten, allen voran Österreich, das IHS Markit zufolge auch das einzige Land mit einer beschleunigten Zuwachsrate war. In allen anderen von der Umfrage erfassten Ländern ließ die Dynamik nach, insbesondere in Deutschland. Hier rutschte der PMI um 4,2 auf 58,4 Punkte ab. Der Teilindex der Lieferzeiten verzerre aber das Bild, mahnte Markit-Experte Phil Smith. „So sind die jüngsten Trends bei Produktion und Auftragseingang weniger ermutigend, als es der Hauptindex vermuten lässt.“ Die seit Monaten andauernde beispiellose Materialknappheit habe die Produktion vieler Hersteller spürbar beeinträchtigt. Laut dem Ifo-Institut haben sich die Probleme im September nochmals verschärft und sind mittlerweile so groß wie nie zuvor.

Tieferliegende Probleme

Allerdings, so erinnert IKB-Chefvolkswirt Klaus Bauknecht in einer Studie, schwächelt die Industrieproduktion hierzulande bereits seit 2018. Dabei spiele die Automobilindustrie „sicherlich eine entscheidende Rolle“. Seit Anfang 2018 stagniere die globale Produktion deutscher Automobilhersteller, was durch anhaltende Spezialisierung und Produktionsverlagerungen zu einem strukturellen Rückgang der lokalen Produktion geführt habe. Für eine Erholung sei nicht nur eine Belebung der Weltwirtschaft notwendig, sondern auch eine stärkere Inves­titionsbereitschaft am Standort Deutschland. Höhere Steuern, steigende Lohnkosten, etwa durch die Anhebung des Mindestlohns sowie mehr Regulierung und damit höhere Transaktionskosten – wie nach dem Ergebnis der Bundestagswahl wahrscheinlicher geworden – seien der falsche Weg, mahnt Bauknecht.

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