EU-Kommission

Europas Energie­plan für mehr Unab­hängigkeit

Mehr Energieeffizienz und ein schnellerer Ausbau erneuerbarer Energien soll die EU unabhängig von russischen Importen machen, die jährlich fast 100 Mrd. Euro kosten. Dafür müssen die EU-Länder aber erst einmal investieren: Der Bedarf liegt bis zum Ende des Jahrzehnts bei bis zu 300 Mrd. Euro

Europas Energie­plan für mehr Unab­hängigkeit

ahe Brüssel

Europa muss bis Ende des Jahrzehnts bis zu 300 Mrd. Euro zusätzlich in die Energiewende investieren, um unabhängig von russischen Lieferungen zu werden. Dies geht aus Berechnungen der EU-Kommission hervor, die Präsidentin Ursula von der Leyen am Mittwoch in Brüssel präsentiert hat. Bis 2027 sind demnach zusätzliche Investitionen von 210 Mrd. Euro nötig, die vom privaten und öffentlichen Sektor sowie auf nationaler, grenzüberschreitender und EU-Ebene getätigt werden müssen. Die Kommission verwies aber zugleich darauf, dass durch die Reduzierung der russischen Importe fossiler Brennstoffe die EU fast 100 Mrd. Euro pro Jahr einsparen könne.

Der Investitionsbedarf ist damit sogar noch ein Stück weit höher, als in einem Entwurf zum „Repower EU“-Plan, der in der letzten Woche bekannt geworden war (vgl. BZ vom 12. Mai). Der Plan werde helfen, Energie zu sparen, den Ausstieg aus fossilen Brennstoffen zu beschleunigen und Investitionen anzustoßen, sagte von der Leyen. „Dies wird für unseren europäischen Grünen Deal den Turbo zünden.“

Die Kommission bestätigt die Absicht, das Ausbauziel für erneuerbare Energien bis 2030 von 40 auf 45% zu erhöhen und die Vorgaben für Energieeffizienz zugleich von 9 auf 13% zu verschärfen. Der Ausbau der Erneuerbaren soll unter anderem über eine gesetzliche Verpflichtung zur Installation von Solaranlagen auf Dächern von neuen öffentlichen und gewerblichen Bauten bis zum Jahr 2026 und neuen Wohngebäuden bis zum Jahr 2029 gelingen.

Zur Unterstützung der nun nötigen Investitionen will die EU-Kommission auf den Corona-Wiederaufbaufonds zurückgreifen, in dem bereits 225 Mrd. Euro an Darlehen zur Verfügung stünden. Darüber hinaus schlägt die Brüsseler Behörde vor, die Finanzausstattung des Wiederaufbaufonds auch bei den Zuschüssen für die EU-Länder um weitere 20 Mrd. Euro anzuheben durch eine Versteigerung von derzeit in der Marktstabilitätsreserve gehaltenen CO2-Zertifikaten des EU-Emissionshandelssystems (ETS).

Die Vorschläge der EU-Kommission stießen auf ein positives Echo, in das sich allerdings auch vereinzelte Kritik mischte. So hätten sich etwa die Grünen im EU-Parlament auch ein Erneuerbare-Energien-Ziel von 56% und beim Thema Energieeinsparungen von 20% vorstellen können. Und der CDU-Energieexperte im EU-Parlament, Markus Pieper, erklärte, er hätte sich mehr Mut beim Thema Genehmigungsverfahren für erneuerbare Energien gewünscht. Hier sei dringend mehr Flexibilität hinsichtlich der Biodiversität notwendig. „Teilweise begeben sich die Vorschläge aber auch auf gefährliche Abwege, so bei den Vorgaben für die Wasserstoffproduktion“, monierte Pieper. Diese drohten der jungen Wasserstoff-Produktion das Wasser abzugraben – durch zu strenge, zu komplizierte Vorgaben beispielsweise für den Netzzugang.

Der BDI begrüßte hingegen, dass Brüssel auf eine beschleunigte Diversifizierung und mehr erneuerbare Gase, insbesondere Wasserstoff, setze. Die Politik sollte aber die „Fit-for-55“-Gesetzgebungsvorschläge im Lichte von „Repower EU“ noch einmal neu bewerten: „Es ist zu wenig, nur Ziele anzuheben und Klimaschutzgelder umzuverteilen“, so der BDI. „Die Industrie braucht angesichts des Ukraine-Kriegs und seiner ökonomischen Folgen mehr denn je verlässliche, investitionsfreundliche Rahmenbedingungen und Rechtssicherheit.“

Das Bundeswirtschaftsministerium erklärte, Deutschland bringe bereits viel auf den Weg, es bedürfe aber einer engen Zusammenarbeit: „Wir brauchen europäische Allianzen für alle Transformationstechnologien: Solar, Wind, Wärmepumpen und Elektrolyseure.“

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