EZB erwartet merklich höhere Inflation
EZB erwartet merklich höhere Inflation
EZB erwartet merklich höhere Inflation
Zinspause verlängert – Teuerung bei den Dienstleistern schwindet langsamer als vermutet – Binnennachfrage schiebt Wachstum an
Die EZB rührt zum vierten Mal in Folge die Leitzinsen nicht an. Da die Ökonomen des Eurosystems nun mit einem langsameren Rückgang der Teuerung bei Dienstleistungen rechnen, revidieren sie die Inflationsprognose für 2026 nach oben. Dies stützt Spekulationen, wann die erste Zinserhöhung folgen dürfte.
ba/mpi Frankfurt
Die EZB verlängert die seit Juni währende Zinspause, da sich die Teuerung weiterhin um das Inflationsziel von 2% bewegt und die Wirtschaft wächst. Diskussionen um eine Zinsänderung habe es keine gegeben, erklärte EZB-Chefin Christine Lagarde. Allerdings erweist sich die Teuerung bei den Dienstleistern weiter als unerwartet hartnäckig. Daher wurde die Inflationsprognose für 2026 nach oben geschraubt. Zudem seien die Löhne zuletzt stärker gestiegen, als von der EZB vorausgesagt. „In dieser Offenheit gibt die EZB-Präsidentin so etwas selten zu“, betonte Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer.
„Alle Zinsoptionen liegen auf dem Tisch“
„Der EZB-Rat ist entschlossen, sicherzustellen, dass sich die Inflation auf mittlere Frist beim Zielwert von 2% stabilisiert“, heißt es in der Stellungnahme der Notenbank. Erneut wurde betont, dass der weitere geldpolitische Kurs datenabhängig Sitzung für Sitzung festgelegt werde.
Man habe bekräftigt, dass man bei der Geldpolitik an einem guten Punkt sei, „was nicht bedeutet, dass wir statisch sind“, sagte Lagarde. „Alle Zinsoptionen bleiben auf dem Tisch.“ Weitere Zinssenkungen erwarten Ökonomen aber mehrheitlich nicht mehr. Perspektivisch könnte Ende 2026, oder 2027 die erste Erhöhung anstehen. Commerzbank-Chefvolkswirt Krämer geht hingegen für die kommenden beiden Jahre von unveränderten Leitzinsen aus. „Die Staaten sind nämlich sehr hoch verschuldet, und die EZB-Ratsmitglieder sind deshalb mit Zinserhöhungen äußerst zurückhaltend.“
Lagarde selbst wollte auf der Pressekonferenz nicht darüber spekulieren, ob der nächste Zinsschritt der EZB eine Zinserhöhung ist. Innerhalb des EZB-Rats gibt es unterschiedliche Ansichten bezüglich der Auf- und Abwärtsrisiken beim Inflationsausblick.
DIHK: EZB liefert Verlässlichkeit
„Mit der Zinspause liefert die EZB heute das, was die Unternehmen in Deutschland am dringendsten brauchen: Verlässlichkeit“, urteilt DIHK-Chefanalyst Volker Treier mit Blick auf die unveränderten Leitzinsen im Euroraum. „Das ist eine willkommene Atempause für die Wirtschaft, weil damit auch die Finanzierungskosten stabil bleiben.“ Die Unternehmen hätten nun die notwendige Sicherheit, um Investitionen zu planen. Die EZB habe mit ihrer Geldpolitik ihren Teil getan und die Inflation eingedämmt. Nun brauche es politische Reformen für mehr Wirtschaftswachstum.
„Der hartnäckige Anstieg der Dienstleistungspreise macht weiteren geldpolitischen Lockerungen vorerst einen Strich durch die Rechnung“, sagt Thomas Gitzel, Chefvolkswirt der VP Bank. Die EZB hat vor allem die Prognose der Kerninflation, bei der Energie und Nahrungsmittel ausgeklammert werden, für 2026 unerwartet stark von 1,9% auf 2,2% angehoben. „Dies stellt schon eine gewisse Abkehr vom bisherigen Kurs dar“, betont Bantleon-Chefvolkswirt Daniel Hartmann. In den vergangenen Sitzungen habe die EZB stets auf den perspektivisch spürbar nachlassenden Lohndruck verwiesen. „Hier werden offenbar jetzt ebenfalls Abstriche vorgenommen.“ 2027 soll die Kerninflation dann wieder auf 1,9% nachlassen, im Folgejahr aber auf 2,0% anziehen.
Brzeski: Gute Position der EZB ist die richtige Position
Die 2025er Prognose für die durchschnittliche Gesamtinflation blieb unverändert bei 2,1%. Für das kommende Jahr wurde sie erhöht auf 1,9%, nach zuvor 1,7%. Für neuen Inflationsdruck dürfte etwa das milliardenschwere Investitionsprogramm der deutschen Bundesregierung für Infrastruktur und Rüstung sorgen. 2027 wird die Jahresrate hingegen bei 1,8% statt 1,9% erwartet. ING-Chefökonom Carsten Brzeski verweist hier auf die verzögerte Umsetzung des Emissionshandelssystems ETS2. Erstmals wurden auch Projektionen für 2028 vorgelegt: Dann soll die Inflationsrate bei durchschnittlich 2,0% liegen. Insbesondere die Inflationsprognosen liefern für Brzeksi „weitere Belege dafür, dass die derzeitige ‚gute Position‘ der EZB auch die richtige Position ist“ – und nichts anderes als eine neutrale Geldpolitik.

Binnennachfrage schiebt Wachstum an
Zuversichtlicher als im September zeigten sich die Fachleute für das Wirtschaftswachstum, das vor allem durch die Binnennachfrage getragen werde. Das Wachstum wurde für 2025 auf 1,4 (zuvor: 1,2)%, für 2026 auf 1,2 (1,0)% und für 2027 auf 1,4 (1,3)% nach oben revidiert. Auch für 2028 wird von 1,4% ausgegangen. „Die Wirtschaft hat sich als widerstandsfähig erwiesen“, sagte Lagarde.
Prognoseerhöhung mit Ansage
Im Sommer erwies sich die Euro-Wirtschaft bereits wieder beschwingter mit einem BIP-Wachstum von 0,3% nach 0,1%. Die 0,6% vom Jahresauftakt beruhten auf den vorgezogenen Bestellungen, nachdem US-Präsident Donald Trump höhere Importzölle angekündigt hatte. Der Einkaufsmanagerindex für Dezember zeigt zudem, dass die Eurozone im Gesamtjahr 2025 durchgängig gewachsen ist. „Dass die Wirtschaftsleistung in jedem Monat eines Kalenderjahrs gestiegen ist, hatte es zuletzt 2019 gegeben“, betonte S&P. EZB-Präsidentin Christine Lagarde hatte bereits in der Vorwoche avisiert, dass die Wachstumsprognosen höher ausfallen dürften, da sich die Wirtschaft als widerstandsfähiger erwiesen habe als erwartet und sich die Handelsspannungen weniger stark ausgewirkt hätten.
