Geldpolitik

EZB-Falken für weitere Zinsschritte

Die EZB hat ihre Leitzinsen erneut um 50 Basispunkte angehoben – trotz der Sorgen um den Bankensektor. Zum weiteren Zinskurs hat sich der EZB-Rat am Donnerstag aber bedeckt gehalten. Am Freitag betonten die Hardliner im Rat nun, dass wohl weitere Zinsschritte nötig seien – wegen der zu hohen Inflation.

EZB-Falken für weitere Zinsschritte

ms Frankfurt

Nur einen Tag nach der jüngsten Zinsentscheidung der Europäischen Zentralbank (EZB) hat die Debatte unter den Notenbankern über den weiteren Zinskurs gleich wieder richtig Fahrt aufgenommen. Dabei waren es vor allem die Hardliner im Rat, die „Falken“, die den Ton angaben und weitere Zinsschritte signalisierten. Sie hoben dabei trotz des anhaltenden Bankenbebens die zu hohe Inflation hervor. Auch Frankreichs Notenbankchef François Villeroy de Galhau, der eher als Mann der Mitte im Rat gilt, betonte die Inflationsrisiken, hielt sich aber mit konkreten Zinsaussagen zurück. Unterdessen zahlten die Banken im Euroraum trotz der Turbulenzen erneut EZB-Kredite vorzeitig zurück.

Sorge um Finanzsektor

Die EZB hatte am Donnerstag trotz des weltweiten Bankenbebens und der Sorge vor einer neuen Finanzkrise ihre Leitzinsen wie zuvor avisiert erneut um 50 Basispunkte angehoben. Zugleich hielt sie sich aber zum weiteren Kurs sehr bedeckt und strich die Forward Guidance, mit der sie nach den vorherigen Zinserhöhungen stets weitere Schritte in Aussicht gestellt hatte. Der EZB-Rat betonte, dass das weitere Vorgehen komplett von den neuen Wirtschaftsdaten und der Entwicklung an den Finanzmärkten abhängig sei. EZB-Chefin Christine Lagarde sagte, dass weitere Zinserhöhungen möglich seien, wenn sich die Finanzturbulenzen beruhigten. Am Freitag nährten nicht zuletzt neue Probleme bei der Credit Suisse die Bedenken um die Lage bei den Banken.

Unabhängig davon sprachen sich am Freitag gleich drei Notenbanker des „Falken“-Lagers für eine weitere Anhebung der Zinssätze aus, sobald die Volatilität an den Finanzmärkten nachlässt. Die Notenbankchefs aus Estland, Litauen und der Slowakei signalisierten, dass die Wirtschaft nach einem Abklingen der globalen Turbulenzen noch eine weitere Phase der Straffung benötige. „Die künftige Entwicklung der Inflation über den gesamten Horizont unseres Prognosezeitraums spricht eindeutig für die Notwendigkeit einer Fortsetzung“, sagte der Chef der slowakischen Notenbank, Peter Kazimir, in einer Erklärung. „Ob, wie stark, in wie vielen Schritten und wohin – das werden Zeit und Daten zeigen.“

Ähnlich äußerte sich Kazimirs litauischer Kollege, Gediminas Simkus. „Die Inflationstendenzen sind nicht verschwunden“, sagte er vor Reportern in Vilnius. „Wir müssen zwar vorsichtig bleiben, was die künftige Einschätzung angeht, aber ich glaube immer noch, dass dies nicht die letzte Zinserhöhung war.“ Madis Müller, Gouverneur der estnischen Zentralbank, betonte zwar, dass er in der derzeitigen Situation keine Vorhersagen machen wolle, unterstrich aber die Stimmung der Anleger. „Die Finanzmärkte erwarten, dass die Zinssätze weiter steigen“, sagte er im lokalen Rundfunk. „Um die Inflation auf die in dieser Prognose genannten Zahlen zu senken, müssen die Zinsen vermutlich weiter steigen.“ Aktuell liegt die Inflation bei 8,5%. Eine entsprechende Erstschätzung bestätigte Eurostat am Freitag. Die EZB strebt mittelfristig einen Wert von 2,0% an.

An den Geldmärkten wurde am Freitag laut Bloomberg mit einer 50-prozentigen Wahrscheinlichkeit mit einer Zinserhöhung um 25 Basispunkte im Mai gerechnet, mit einer vollen Erhöhung um 25 Basispunkte im Juli und einem Höchststand von 3,35% im Oktober. Das Streichen der Forward Guidance hatte aber schon Spekulationen genährt, dass die Zinserhöhung von Donnerstag bereits die letzte im aktuellen Zyklus war (vgl. BZ vom 17. März). Die „Tauben“ im EZB-Rat mahnen zur Vorsicht. Eine Anhebung des Einlagenzinses von aktuell 3,0% auf 4,0%, wie noch vor den Bankenturbulenzen erwartet, gilt nun als unwahrscheinlich.

Frankreichs Notenbankchef Villeroy de Galhau bezeichnete am Freitag die Zinserhöhung von Donnerstag als wichtiges Signal gegen die starke Teuerung. „Das ist ein Vertrauen in unsere Antiinflationsstrategie, und das ist ein Vertrauen in die Solidität unserer europäischen und französischen Banken“, sagte er dem Radiosender BFM Business. Zugleich sagte er: „Man muss die Krankheit der Inflation bekämpfen, die Inflation ist die erste Sorge unserer Bevölkerung, die erste Sorge der Unternehmer – und die Inflation ist der erste Feind des Wachstums.“

Derweil teilte die EZB am Freitag mit, dass die Euro-Banken erneut Langfristkredite vorzeitig an die EZB zurückzahlen wollen. Sie wollten bei der dritten Serie dieser zielgerichteten Kredite (TLTRO) dieses Mal 87,7 Mrd. Euro frühzeitig zurückgeben (siehe Grafik). Für die Banken ist die vorzeitige Zurückzahlung freiwillig. Die Währungshüter haben aber starke Anreize gesetzt. Sie sehen das als Teil der Normalisierung der Geldpolitik.

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.