Bundesbank-Analyse

EZB-Geldpolitik wirkt in Euro-Ländern uneinheitlich

Die Geldpolitik der EZB wirkt laut einer Bundesbank-Analyse in den Ländern der Währungsunion teils sehr unterschiedlich. Das nährt auch die Debatte über den weiteren Zinskurs.

EZB-Geldpolitik wirkt in Euro-Ländern uneinheitlich

EZB-Geldpolitik wirkt in Euro-Ländern uneinheitlich

Bundesbank-Analyse wirft Schlaglicht auf Transmission – Deutsches BIP reagiert besonders stark – Notenbanker debattieren

ms Frankfurt

Die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) kommt in den Ländern der Währungsunion teils sehr unterschiedlich an. Das ist das Ergebnis einer Analyse in dem am Montag veröffentlichten Monatsbericht September der Bundesbank. So wirken sich zum Beispiel Leitzinsänderungen in Deutschland stärker auf das Wirtschaftswachstum aus als in anderen großen Euro-Ländern – aber weniger stark auf die Verbraucherpreise. Derweil geht die Debatte über den weiteren Zinskurs nach der neuerlichen Zinserhöhung in der Vorwoche weiter.

Die Bundesbank-Analyse wirft ein Schlaglicht auf ein Thema, das keineswegs neu und auch nicht speziell für die europäische Währungsunion ist, das aber aktuell im Zuge des beispiellosen Zinserhöhungskurses der EZB von besonderer Brisanz ist: die Unterschiede bei der sogenannten Transmission der Geldpolitik. Die EZB macht Geldpolitik für inzwischen 20 Mitgliedsländer, während etwa die Fiskalpolitik weiter in nationaler Verantwortung liegt. Wegen der hohen Inflation hat die EZB ihre Leitzinsen seit Juli 2022 um insgesamt 450 Basispunkte erhöht.

Im Monatsbericht stellt die Bundesbank nun die Ergebnisse verschiedener empirischer Untersuchungen über mögliche Unterschiede in der Wirkung der Geldpolitik auf das reale Bruttoinlandsprodukt (BIP) und die Verbraucherpreise in Deutschland, Frankreich, Italien und Spanien vor und analysiert diese. Als wichtige Ursache für solche Unterschiede gelten nicht zuletzt unterschiedliche strukturelle Gegebenheiten in den Volkswirtschaften.

Zinssensitive Branchen

Laut Bundesbank zeigt sich, dass Veränderungen der Leitzinsen stärkere Auswirkungen auf das reale BIP in Deutschland und schwächere Auswirkungen in Spanien haben. Auch in Frankreich und Italien seien die Folgen weniger deutlich. „Dies kann an der größeren Bedeutung zinssensitiver Branchen in Deutschland, einer größeren Flexibilität der Beschäftigung, einer stärkeren Exportorientierung und einem stärkeren Wettbewerb im Bankensystem liegen“, so die Bundesbank.

Dagegen reagieren die Verbraucherpreise in Spanien am stärksten und in Deutschland am schwächsten. Tatsächlich kehrt sich laut Bundesbank die Reihenfolge der Länder um, wenn es um die Stärke der Wirkung auf die Inflation geht. „Dies muss kein Widerspruch sein, sondern kann als eine zwischen den Ländern unterschiedliche Steigung der gesamtwirtschaftlichen Angebotsfunktion interpretiert werden, die den Zusammenhang zwischen dem realen BIP und dem gesamtwirtschaftlichen Preisniveau beschreibt.“ In Deutschland sei diese Angebotsfunktion womöglich flacher.

Was Zinsversprechen für die Zukunft, die sogenannte Forward Guidance, betrifft, weisen die Ergebnisse laut Bundesbank auf stärkere Effekte sowohl auf das reale BIP als auch auf die Verbraucherpreise in Deutschland hin, verglichen mit den anderen großen Ländern. Mit Blick auf die breiten Anleihekäufe im Zuge des Kaufprogramms APP haben diese demnach das BIP in Deutschland stärker angekurbelt als etwa in Frankreich und die Inflation weniger. "Insgesamt zeigt die Analyse, dass auch Deutschland vom APP profitiert hat und die Effekte des Programms dort keineswegs die schwächsten unter den betrachteten Ländern waren." In Deutschland waren die Anleihekäufe umstritten – auch bei der Bundesbank. Laut Bundesbank können sich solche Länderreihenfolgen mit der Zeit aber auch ändern – etwa infolge von Reformen.

Unterdessen schloss der slowakische Notenbankchef Peter Kazimir am Montag weitere Zinserhöhungen nach der zehnten Anhebung in Folge vergangene Woche nicht aus. Dagegen sagte die Vize-Gouverneurin der portugiesischen Zentralbank, Clara Raposo, dass die EZB ihr Inflationsziel schneller erreichen könnte als bislang prognostiziert – also nicht erst Ende 2025.

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