Konjunktur

EZB schiebt Wachstum im Euroraum an

Trotz der US-Importzölle und der anhaltenden Unsicherheit hat die Euro-Wirtschaft im Sommer doppelt so stark zugelegt wie erwartet. Dies dürfte auch der lockeren Geldpolitik der EZB geschuldet sein, die die Investitionstätigkeit angeregt hat. Die Inflationsdaten hingegen fallen gemischt aus.

EZB schiebt Wachstum im Euroraum an

EZB schiebt Wachstum im Euroraum an

BIP steigt unerwartet stark – Spanien und Frankreich sorgen für Schwung – Stagnation in Italien – Deutsche Inflationsrate fällt leicht – Kernteuerung hartnäckig

Trotz der US-Importzölle und der anhaltenden Unsicherheit hat die Euro-Wirtschaft im Sommer doppelt so stark zugelegt wie erwartet. Dies dürfte auch der lockeren Geldpolitik der EZB geschuldet sein, die die Investitionstätigkeit angeregt hat. Die Inflationsdaten hingegen fallen gemischt aus.

ba Frankfurt

Die Wirtschaft im gemeinsamen Währungsraum ist im Sommer mit 0,2% zum Vorquartal kräftiger gewachsen als Ökonomen mit 0,1% prognostiziert hatten. Der Schwung kam dabei vor allem von den Südländern, wohingegen das Schwergewicht Deutschland zwar den Rückfall in die technische Rezession vermieden, aber wie erwartet das Wachstum gebremst hat. Als große Überraschung erwies sich Frankreich, dessen Wirtschaft trotz der politischen Turbulenzen kräftig zugelegt hat. Frühindikatoren lassen zudem eine weitere Erholung in den kommenden Monaten vermuten. Im Gegensatz zu den Wachstumsdaten dürften die ersten Inflationszahlen beim EZB-Rat aber auf weniger Wohlwollen stoßen: Deutschland meldet einen nur schwachen Rückgang, Spanien einen überraschenden Anstieg der Teuerung.

Laut dem Statistikamt Destatis haben die nach europäischen Standards berechneten Verbraucherpreise (HVPI) in Deutschland binnen Jahresfrist um 2,3% zugelegt. Ökonomen hatten nach dem Jahreshöchststand im September von 2,4% ein Absinken auf 2,2% erwartet. Die EZB strebt in der Währungsunion mittelfristig eine Inflation von 2% an. Die Euro-Hüter haben derzeit vor allem die Inflation im Dienstleistungssektor im Blick – diese Position erwies sich hierzulande als einer der großen Preistreiber: Dienstleistungen verteuerten sich im Schnitt um 3,5%, im September waren es 3,4%. Die Kernrate, in der die volatilen Preise für Nahrungsmittel und Energie außen vor bleiben, verharrte bei 2,8%. Der Preisauftrieb bei Lebensmitteln ging derweil von 2,1% auf 13% zurück. Im Vergleich zum Vormonat melden die Wiesbadener Statistiker eine Inflationsrate von 0,3%.

Inflation auf Weg zum EZB-Ziel

In Spanien indes hat die Teuerung den zweiten Monat in Folge zugelegt: Die Erstschätzung des Statistikamts INE lautet auf 3,2% zum Vorjahr. Dies ist der höchste Wert seit Juni 2024. Ökonomen hatten eine unveränderte Jahresrate von 3,0% auf dem Zettel. Das Plus von 0,5% zum Vormonat übertraf gleichfalls die Prognose, die hier bei 0,3% stand. Experten erwarten, dass das Statistikamt Eurostat am Freitag sowohl für die Jahresrate als auch die Kernrate einen Rückgang um 0,1 Prozentpunkte auf 2,1% bzw. 2,3% berichten wird.

Südländer treiben das Wachstum

Spanien erweist sich zusammen mit Portugal derweil als Konjunkturlokomotive: Das BIP legte im Sommer um 0,6% im Quartalsvergleich zu, wie die Statistikbehörde INE berichtet. Dies hatten Experten nach dem Plus von 0,8% im Frühjahr auch so erwartet. Das Wachstum der viertgrößten Euro-Volkswirtschaft stammt dabei vor allem vom privaten Konsum, der kräftig zulegte, sowie von EU-Fördergeldern und billigerer Energie. Der Dämpfer bei den Exporten hingegen bremste das Wachstum ab. Die portugiesische Wirtschaft legte um 0,8% zu. Frankreichs BIP steigerte sich laut dem Statistikamt Insee um 0,5% – die Erwartung lag bei einem Plus von 0,2%. Damit ist die zweitgrößte Euro-Volkswirtschaft trotz der politischen Querelen um den Haushalt seit Jahresanfang kontinuierlich gewachsen. Positive Impulse kamen vom Außenhandel während die Binnennachfrage unterdurchschnittlich zunahm.

Die stark exportorientierten Volkswirtschaften Deutschland und Italien indes stagnierten. Nach Angaben von Destatis entwickelten sich hierzulande in den drei Monaten bis September die Ausrüstungsinvestitionen positiv wohingegen die Exporte abnahmen. Im Frühjahr war das BIP noch um revidiert 0,2 (zuvor: 0,3)% geschrumpft nach dem starken Jahresauftakt von +0,3% infolge der vorgezogenen Bestellungen wegen der angedrohten Erhöhung der US-Importzölle. Wegen der Revisionsanfälligkeit der BIP-Erstschätzung mahnen Ökonomen, Unternehmensumfragen wie den Einkaufsmanagerindex oder das Ifo Geschäftsklima hinzuzunehmen. Hier ergibt sich ein gemischtes Gesamtbild, das eher für eine Aufhellung in den kommenden Monaten spricht.

Wirtschaftsstimmung steigt

Ähnlich sieht es für den Euroraum aus: Der von der EU-Kommission erhobene Economic Sentiment Indicator (ESI) legte um 1,2 auf 96,8 Zähler zu und nähert sich damit dem langjährigen Schnitt von 100 Punkten. Das gilt auch für die Beschäftigungserwartungen (Employment Expectations Indicator, EEI). Diese stiegen um 0,4 auf 96,9 Punkte. Damit dürfte der Jobmarkt robust bleiben; im September verharrte die Arbeitslosenquote bei 6,3%.