Geldpolitik

EZB steuert auf weitere kräftige Zinserhöhung zu

Im September hat die EZB ihren Leitzins mit 75 Basispunkten so stark angehoben wie nie. Bei der nächsten Sitzung im Oktober könnte ein weiterer Schritt in dieser Größenordnung folgen. Darauf deuten neue EZB-Aussagen hin.

EZB steuert auf weitere kräftige Zinserhöhung zu

ms Frankfurt

Im Euroraum mehren sich die Anzeichen für eine weitere kräftige EZB-Zinserhöhung im Oktober – womöglich erneut um 75 Basispunkte. Entsprechende Signale sandten am Mittwoch mehrere EZB-Granden – aus unterschiedlichen geldpolitischen Lagern. Eine Anhebung um 100 Basispunkte – wie unlängst in Schweden – erscheint dagegen aktuell eher unwahrscheinlich. Wie weit die EZB-Leitzinsen insgesamt noch steigen werden, ist im EZB-Rat wohl immer noch umstritten.

Nach langem Zögern hatte die Europäische Zentralbank (EZB) im Juli mit einer Anhebung um 50 Basispunkte die Zinswende eingeleitet und im September gar mit 75 Punkten nachgelegt – ein Rekordschritt. Die Inflation lag im August bei 9,1% und könnte im September über 10% geklettert sein. Eine erste Schätzung dazu gibt es am Freitag. Zugleich wächst aber die Rezessionsgefahr.

Finnlands Zentralbankchef Olli Rehn sagte nun am Mittwoch zu Reuters, dass die EZB die Zinsen weiter zügig anheben müsse. „Es gibt ein Argument dafür, eine Entscheidung über eine weitere signifikante Zinserhöhung zu fällen, sei es um 75 oder um 50 Basispunkte oder etwas anderes“, so Rehn. „Bis Anfang dieses Jahres war ich für ein graduelles Vorgehen, aber jetzt gibt es ein stärkeres Argument für Frontloading und entschlossenes Handeln.“ Rehn gilt im EZB-Rat eher als Verfechter einer lockeren Geldpolitik („Taube“), und häufig signalisiert er Mehrheitsmeinungen. Das macht sein Plädoyer nun besonders bemerkenswert.

Österreichs Zentralbankchef Ro­bert Holzmann signalisierte am Mittwoch in Brüssel, dass er einen Schritt um 75 Basispunkte favorisieren würde. 100 Punkte wären „derzeit zu viel“. Holzmann ist im EZB-Rat der vielleicht klarste „Falke“. Auch der slowakische Zentralbankchef Peter Kazimir sagte am Mittwoch, 75 Punkte seien „ein sehr guter Kandidat für unseren nächsten Schritt“.

Wie weit die EZB-Leitzinsen noch steigen könnten, ist unklar und im Rat offenbar umstritten. Rehn sagte, dass bis Jahresende ein neutrales Ni­veau erreicht werden könnte. Das sehen viele Notenbanker bei knapp 2%. Derzeit liegt der Einlagenzins bei 0,75 %. Holzmann dagegen be­tonte, die EZB sei notfalls auch be­reit, die Zinsen in restriktives Terrain anzuheben, um die Wirtschaft zu bremsen.

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