Geldpolitik

EZB verlängert Zinspause

Die EZB hält die Leitzinsen konstant. Ob im Dezember eine Zinssenkung folgt, darüber gehen die Meinungen bei Ökonomen auseinander.

EZB verlängert Zinspause

Die Europäische Zentralbank hält den für die Geldpolitik wichtigen Einlagensatz konstant bei 2,0%. Dies teilte die Notenbank am Donnerstagnachmittag in Florenz mit, wo sich der EZB-Rat zu einer auswärtigen Zinssitzung getroffen hat. Immer wieder mal ist einer der nationalen Notenbanken des Eurosystems Gastgeber einer geldpolitischen Sitzung. Dieses Mal war die Banca d'Italia an der Reihe. Kommendes Jahr im September ist die Bundesbank Gastgeber.

Finanzmarktteilnehmer hatten fest mit der Verlängerung der Zinspause gerechnet. Bei ihrer Sitzung im September hatte EZB-Präsidentin Christine Lagarde betont, dass sich die EZB mit ihrer Geldpolitik in einer guten Position befinde. Seitdem hat es keine Konjunkturdaten oder politische Ereignisse gegeben, die an der grundsätzlichen Gemengelage der EZB etwas geändert hat. „Die Inflation liegt weiterhin in der Nähe des mittelfristigen Zielwerts von 2%, und die Beurteilung der Inflationsaussichten durch den EZB-Rat ist weitgehend unverändert“, heißt es in der Stellungnahme zum Zinsentscheid.

Wirtschaftswachstum höher als erwartet

Nur wenige Stunden vor dem Zinsentscheid hat das Statistikamt Eurostat Wachstumszahlen für die Eurozone veröffentlicht. Das reale BIP ist im dritten Quartal im gemeinsamen Währungsraum saisonbereinigt um 0,2% gegenüber dem Vorquartal gewachsen. Das sind 0,1 Prozentpunkte mehr als erwartet. Damit verfestigt sich das Bild, dass die US-Zölle zwar die Euro-Wirtschaft belasten, jedoch keine Rezession auslösen.

Inflationszahlen für den Oktober legt Eurostat erst am Freitag vor. Ökonomen erwarten einen Rückgang der Teuerung von 2,2 auf 2,1 oder 2,0%. Letzteres strebt die EZB mittelfristig an. Geringfügige und vorübergehende Abweichungen toleriert die Notenbank jedoch. Daher betrachtet sie den von ihr im September prognostizierten Rückgang der Inflation auf 1,7% im Durchschnitt für das Jahr 2026 nicht automatisch als einen Grund, die Leitzinsen weiter zu senken. Zumal sie für 2027 wieder mit einer Inflation von 1,9% rechnet.

Sorge vor zu niedriger Inflation

Eine Lockerung der Geldpolitik in den kommenden Monaten ist jedoch nicht vom Tisch. Denn es gibt im EZB-Rat Mitglieder, die wegen des verhaltenen Wirtschaftswachstums und der geopolitischen Spannungen Sorgen vor einer mittelfristig unerwünscht niedrigen Inflation haben. Insofern könnte bei der letzten Zinssitzung des Jahres kurz vor Weihnachten eine Debatte über eine Zinssenkung um 25 Basispunkte aufkommen. Viel wird dabei auch von den dann aktualisierten Projektionen der EZB zu Inflation und Wirtschaftswachstum abhängen. Diese werden auch erstmals Zahlen für das Jahr 2028 enthalten.

Bei Ökonomen und Bankanalysten gehen die Einschätzungen auseinander, ob die EZB im Dezember noch einmal die Zinsen senkt. Wobei das Lager derjenigen, die noch eine weitere Lockerung der Geldpolitik erwarten, kleiner wird. „Wir teilen die Einschätzung des Marktes, der eine gewisse Wahrscheinlichkeit für eine weitere Zinssenkung einpreist, um die zielkonforme Prognose für 2027 abzusichern“, sagt etwa Konstantin Veit, Portfoliomanager bei Pimco. „Gleichzeitig halten wir es jedoch für wahrscheinlicher, dass der Zinssenkungszyklus mit dem aktuellen Leitzins von 2% bereits abgeschlossen ist“, ergänzt er.

Zinserhöhung der EZB im kommenden Jahr?

ING-Chefökonom Carsten Brzeski sieht angesichts der aktuellen EZB-Projektionen ebenfalls keinen Handlungsbedarf für eine Zinssenkung. Es gebe jedoch gleich eine ganze Reihe an Abwärtsrisiken für die Inflation, die sich bis Dezember materialisieren könnten. „Man denke nur an die verzögerten negativen Auswirkungen der US-Zölle, den stärkeren Euro-Wechselkurs, die Politik in Frankreich oder eine Verzögerung der fiskalischen Stimulierungsmaßnahmen in Deutschland“, sagt er. „Sollte eines dieser Abwärtsrisiken eintreten, ist mit einer oder zwei weiteren Zinssenkungen durch die EZB zu rechnen.“

Ganz anders klingen die Ökonomen der Hamburg Commercial Bank (HCOB). „Die nächste Zinsänderung erwarten wir frühestens in der zweiten Jahreshälfte von 2026 – und dann in Form einer Zinserhöhung“, schreiben Nils Müller und Cyrus de la Rubia in einer Analyse.