Euro-Wirtschaft

EZB-Zinskurs dämpft Kreditvergabe

Weniger Kreditnachfrage seitens der Unternehmen, deutlich verschärfte Kreditstandards seitens der Banken: Die neue Kreditumfrage der EZB heizt die Debatte über den weiteren Kurs der EZB an – kurz vor der nächsten Zinssitzung.

EZB-Zinskurs dämpft Kreditvergabe

ms Frankfurt

Die Nachfrage der Unternehmen im Euroraum nach Bankkrediten hat im letzten Quartal 2022 erstmals seit Anfang 2021 deutlich nachgelassen – und die Institute gehen davon aus, dass sich dieser Trend auch Anfang 2023 fortsetzen wird. Zugleich verschärften die Banken ihre Kreditstandards für Unternehmenskredite Ende 2022 erheblich – und sogar so stark wie seit der Euro-Staatsschuldenkrise 2011 nicht mehr. Sie sagen zudem voraus, dass sie auch im ersten Quartal weiter die Zügel anziehen werden. Das sind die zentralen Erkenntnisse der am Dienstag veröffentlichten vierteljährlichen EZB-Umfrage zur Kreditvergabe (Bank Lending Survey, BLS).

Die neue Umfrage zeigt damit zum einen, dass die beispiellose geldpolitische Straffung der Europäischen Zentralbank (EZB) seit Juli 2022 zunehmend deutliche Spuren in der Euro-Wirtschaft hinterlässt. Das ist seitens der EZB gewünscht, weil sie die wirtschaftliche Aktivität dämpfen will, um auf dem Weg die viel zu hohe Inflation zu drücken. Zum anderen dürfte die Umfrage aber die Diskussion anheizen, ob die EZB künftig vorsichtiger agieren sollte. Eine regelrechte Kreditklemme ist nicht im Interesse der Euro-Notenbanker.

Bei der Kreditvergabe stehen für die EZB mit Blick auf die Investitionstätigkeit vor allem die Firmenkredite im Mittelpunkt. Mitte Januar hatte die EZB in einer Analyse erläutert, dass die Veränderung der Kreditstandards der Erfahrung nach einen Vorlauf von fünf bis sechs Quartalen vor einer Veränderung des Kreditwachstums hat. Bei der Kreditnachfrage liege der Vorlauf bei drei Monaten.

„Der heutige BLS-Bericht deckt sich mit unserer Einschätzung, dass die derzeitige restriktive Geldpolitik die Wirtschaftstätigkeit in den Jahren 2023 und 2024 erheblich belasten wird“, analysierten die Europa-Ökonomen von Morgan Stanley um Europa-Chefvolkswirt Jens Eisenschmidt, der lange Zeit selbst als Ökonom bei der EZB tätig war.

Laut dem neuen BLS fragten die Unternehmen in den letzten drei Monaten 2022 weniger Kredite nach. „Dies ist der erste Netto-Nachfragerückgang seit Anfang 2021 und er fällt im Vergleich zu den Erwartungen der Banken aus dem Vorquartal deutlicher aus“, stellte die EZB fest. Zu den Gründen zählten die steigenden Leitzinsen und eine geringe Neigung zu Anlageinvestitionen.

Laut der Umfrage verschärften die Banken zudem ihre Standards für die Kreditvergabe deutlich. „Die Nettoverschärfung der Kreditstandards war die größte, die seit der Staatsschuldenkrise im Euroraum 2011 berichtet wurde“, erklärte die EZB. Vor allem die Konjunkturrisiken würden höher eingeschätzt, so die EZB.