Zuwanderung

Fachkräfte­einwanderungsgesetz sorgt für Zündstoff

Am Mittwoch soll das Bundeskabinett über einen Entwurf zur erleichterten Zuwanderung nach Deutschland abstimmen. Ökonomen begrüßen den Vorstoß. Aus der Opposition hagelt es hingegen Kritik. Und auch die FDP stellt sich quer.

Fachkräfte­einwanderungsgesetz sorgt für Zündstoff

ast/ms Frankfurt

Die Bundesregierung will die Hürden für die Zuwanderung von Fachkräften aus Drittstaaten senken. Dazu sollen die Einkommensgrenzen abgesenkt und ein Punktesystem eingeführt werden. An diesem Mittwoch will das Bundeskabinett über ein Eckpunkte-Papier des Bundesinnenministeriums abstimmen. Auf eine Einwanderungsreform hatten sich die Ampel-Parteien bereits im Koalitionsvertrag geeinigt. So sollen Zuwanderer bereits nach fünf – unter Umständen schon nach drei – Jahren statt wie bisher nach acht die deutsche Staatsbürgerschaft erhalten können.

Ökonomen wie Veronika Grimm, Mitglied im Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, bewerten das Vorhaben positiv. „Wir werden in den kommenden Jahren die Erwerbsmigration nach Deutschland massiv erhöhen müssen. Dazu gilt es, die Hürden zu reduzieren“, sagte Grimm der Börsen-Zeitung. „Die Bundesregierung bewegt sich hier in die richtige Richtung.“ Geplant ist dem Entwurf zufolge ein Punktesystem ähnlich wie dem Kanadas. Zu den Kriterien sollen Qualifikation, Sprache, Berufserfahrung und das Alter gehören. Im Koalitionsvertrag heißt es: „Eine Einbürgerung soll in der Regel nach fünf Jahren möglich sein, bei besonderen Integrationsleistungen nach drei Jahren.“ Die Ampel-Parteien wollen außerdem auch doppelte Staatsbürgerschaften erleichtern.

„Punktesystem und Absenkung der Einkommensschwelle sind wichtige Schritte“, sagt auch Michael Hüther, Direktor des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln. Allerdings komme es auf die Umsetzung an, so der Ökonom. „Das gilt einerseits für die Konsulate, die oft nicht hinreichend informiert sind und nicht flexibel sowie schnell genug agieren. Das gilt andererseits für die Sprach- und Integrationskurse, die nicht ausreichend verfügbar sind.“ Daran gemessen sei die weitere Liberalisierung der Einbürgerung nachrangig.

Auch die Wirtschaftsweise Grimm sieht Verbesserungspotenzial in der Bürokratie der Zuwanderung: „Besonders wichtig ist es auch, die Behörden für Zuwanderung neu aufzustellen, möglichst auf Bundes- oder Landesebene und als Serviceagentur für Zuwanderung.“ Die aktuellen Ausländerbehörden sind Grimms Ansicht nach nicht dazu in der Lage, die Erwerbsmigration anzustoßen. „Sie sind zu dezentral und darauf ausgerichtet, zu überprüfen, ob jemand berechtigt als Flüchtling kommt.“ In den vergangenen Monaten hatte die Debatte über die Fachkräftezuwanderung Fahrt aufgenommen. Nie klagten mehr Unternehmen in Deutschland über Nachwuchsprobleme. Längst geht es nicht mehr nur um IT-Spezialisten oder Akademiker: Arbeitskräfte fehlen in nahezu allen Branchen.

Aus der Opposition hagelte es dennoch Kritik. Vor allem die Vorschläge zur Staatsbürgerschaft sind umstritten. „Die Einbürgerung muss am Ende der Integration stehen“, sagte etwa CDU-Chef Friedrich Merz. Die Union verschließe sich aber nicht einer Modernisierung des Einwanderungs- und Staatsbürgerschaftsrechts. Das Punktesystem für Fachkräfte sei für andere Länder besser geeignet, man werde sich aber die konkreten Vorschläge ansehen. „Die Staatsangehörigkeit ist kein Artikel, den es bei Black Friday im Sonderangebot gibt“, sagte CDU-Generalsekretär Mario Czaja der Funke-Mediengruppe.

Auch innerhalb der Ampel sorgt das Thema für Zündstoff. Die FDP kritisiert, dass es nach wie vor keine Fortschritte bei der Rückführung von illegal in Deutschland lebenden Menschen gebe. Man dürfe nicht den zweiten vor dem ersten Schritt machen.