US-Zinswende

Fed kämpft mit Stagflationsgefahr und Störenfried Trump

Die US-Notenbank hat die erste Zinssenkung seit Dezember beschlossen. Problematisch sind nun der schwache Jobmarkt, hohe Preise und der Störenfried Donald Trump.

Fed kämpft mit Stagflationsgefahr und Störenfried Trump

det Washington

Nachdem der Offenmarktausschuss (FOMC) zum ersten Mal in 9 Monaten den Leitzins um 25 Basispunkte gesenkt hatte, sprach Notenbankchef Jerome Powell Klartext. Er machte keinen Hehl daraus, dass die Fed vor einer schwierigen Gratwanderung steht. Die Währungshüter hätten mit einer Kombination aus geringem Stellenwachstum und einer höheren Arbeitslosenquote zu kämpfen, betonte er. Prekär ist die Situation deswegen, weil die Flaute am Jobmarkt von höherer Inflation begleitet wird. Denn die Kernrate des PCE-Preisindex liegt um einen guten Prozentpunkt über der Zielgröße von 2%. Und zwar in jüngster Zeit wieder mit steigender Tendenz. 

Erschwert wird der Balanceakt zwischen den beiden Komponenten des dualen Mandats durch den unverwüstlichen Störenfried Donald Trump. So gesehen könnte man das „duale Mandat“ neu definieren: Die Fed muss nicht nur für Geldwertstabilität und Vollbeschäftigung kämpfen. Vielmehr muss sie mit der Kombination aus Stagflationsgefahr und den politischen Manipulationsversuchen des Weißen Hauses fertig werden.

Neue Waffe in Trumps Arsenal

Seit Monaten überzieht der Präsident den Notenbankchef mit kindischen Beleidigungen. Die höchst persönliche und ebenso unsachliche Kritik hat Powell völlig kalt gelassen. Auch in Zukunft wird er sich nicht aus der Ruhe oder vom Kurs abbringen lassen. Der Unterschied zu früher: Nun hat der Präsident eine echte Waffe in seinem Arsenal. Denn er hat seinen ersten politischen Verbündeten im Vorstand der Fed installiert.  Stephen Miran, der zugleich Chef von Trumps Council of Economic Advisers (CEA) bleibt.

Dass der Nationalökonom seinen Job im Weißen Haus behält und trotzdem dem Vorstand der Notenbank beitritt, ist an Kaltschnäuzigkeit kaum zu übertreffen. Indem er nämlich an der Spitze des CEA festhält, hat der Ökonom sichergestellt, dass der Präsident weiterhin sein Chef bleiben wird. Trump und Miran haben damit klar gemacht, dass sie die politische Unabhängigkeit der Zentralbank systematisch unterlaufen wollen.    

Im Auftrag des Weißen Hauses

So gesehen war es kaum verwunderlich, dass Miran als einziger stimmberechtigter Neuling im Offenmarktausschuss (FOMC) prompt gegen den Strom geschwommen ist. Er votierte nämlich für eine Lockerung um 50 Basispunkte. Miran hat damit einen Vorgeschmack auf die nächsten Sitzungen gegeben: Der Ökonom wird sich immer im Sinne des Präsidenten einsetzen, der am liebsten einen Leitzins von 1% sehen würde. Stimmt eine Mehrheit der Notenbanker auch im Oktober für  eine Lockerung um 25 Basispunkte, wird Miran im Zweifelsfall sogar nachlegen. Möglich ist, dass er auf Geheiß des Präsidenten 0,75 oder sogar einen ganzen Prozentpunkt fordert. Allein deswegen, weil Trumps Mann bis Jahresende für Lockerungen um 1,25 Prozenpunkte plädiert, deutet der „Dot Plot“ der Fed nun auf zwei Zinssenkungen hin. 9 der 18 FOMC MItglieder sind nämlich dagegen.

Das Abstimmungsergebnis von 11 zu 1 unterstreicht zugleich , wie isoliert Trump und „sein“ Fed-Gouverneur sind. Schließlich schlossen sich zwei Vorstandsmitglieder, die der Präsident ebenfalls ernannt hatte, dem Mehrheitsentscheid an. Christopher Waller und Michelle Bowman plädieren schon seit Monaten für niedrigere Zinsen. Sie gehen aber maßvoll und besonnen vor. Miran ist derzeit nicht nur isoliert. Er und der Chef im Weißen Haus müssen auch erkennen, wie faktisch machtlos sie sind.

Bis zu drei Handlanger im Vorstand

Zumindest vorläufig. Denn sollte es dem Präsidenten doch noch gelingen, Lisa Cook aus dem Amt zu jagen, dann hätte er zwei Handlanger im Vorstand. Und ab Mitte kommenden Jahres dann einen dritten, wenn er nämlich einen Nachfolger für Powell installiert. Sollte diese Konstellation zur Realität werden, dann könnte es für die politisch unabhängigen unter den Notenbankern unbequem werden. 

Vorläufig ist und bleibt die Fed aber unabhängig. Auch diesmal wurde der Zinsbeschluss völlig korrekt nach ausschließlich ökonomischen Kriterien getroffen. Denn von Januar bis August entstanden im Monatsschnitt nur knapp 75.000 Jobs. Solche Zahlen sind in der Regel Vorbote einer Rezession. Und die Teuerung nimmt wieder zu. Dazu tragen in nicht zu unterschätzendem Maße Trumps Einfuhrzölle bei. Sie machen sich schon seit Monaten in steigenden Inputkosten bemerkbar. Auf Verbraucherpreise haben die Abgaben noch nicht voll durchgeschlagen. Das wird aber noch kommen, und zwar dann, wenn Unternehmen die geringeren Gewinnmargen nicht mehr in Kauf nehmen wollen.

Jobmarkt bereitet größere Sorgen

Der Plan, bis zum Jahresende den Leitzins um weitere 50 Basispunkte zu senken, sendet ein klares Signal: Dass der schwache Arbeitsmarkt den Notenbankern größere Sorgen bereitet als der marginale Inflationsschub. Folglich sind Lockerungen, wenn auch vorsichtige, der einzige Weg. Das Blatt könnte sich natürlich im Falle eines plötzlichen Inflationssprungs wieder wenden. Denn das FOMC rechnet wie auch vor drei Monaten damit, dass die Arbeitslosenquote bis Jahresende um 0,2 Prozentpunkte auf 4,5% steigen wird. Bei früheren Prognosen hatten die Währungshüter allerdings ein unvergleichlich stärkeres Stellenwachstum erwartet.

Unterdessen hielt der Ausschuss auch für die Teuerung an den Projektionen vom Juni fest. Demnach wird die PCE-Gesamtrate von 2,6% im Juli bis Dezember auf 3,0% steigen. Die Kernrate, das favorisierte Inflationsmaß der Fed, wird der Voraussage zufolge von derzeit 2,9% auf 3,1% klettern. Geringfügige Neueinstellungen und steigende Preise illustrieren die Komplexität des dualen Mandats und die heranschleichende Gefahr einer Stagflation.