FOMC und Powell Pressekonferenz

Fed signalisiert steigende Stagflationsgefahr

Die US-Notenbank fürchtet eine potenzielle Stagflation. Zwar rechnet die Fed dieses Jahr mit zwei Zinssenkungen, die aber keineswegs sicher sind.

Fed signalisiert steigende Stagflationsgefahr

Fed signalisiert steigendes Risiko einer Stagflation

Sorgen um Inflation und Konjunkturschwäche halten sich die Waage – Zwei Zinssenkungen in diesem Jahr erwartet

det Washington

So deutlich hatte es Notenbankchef Jerome Powell noch nie artikuliert. In seiner Pressekonferenz nach der Sitzung des Offenmarktausschusses (FOMC) räumte er nicht wörtlich ein, dass die Fed völlig im Dunkeln tappt. Doch aber ließen die neuen Konjunkturprognosen des FOMC  den Rückschluss zu, dass die Währungshüter nicht ahnen, welches Risiko das größere ist: Wiegen die potenziell inflationären Folgen von US-Präsident Trumps Einfuhrzöllen schwerer? Oder ist es die Gefahr, dass sich der Arbeitsmarkt weiter abschwächen wird? Sicher erscheint nur, dass die Möglichkeit einer Stagflation in den USA seit Jahren nicht mehr so groß war wie heute.

„Bedeutende Inflation“ steht bevor

Dass die Notenbank an dem seit Dezember geltenden Leitzins festhalten würde, hatten die Märkte eingepreist. Mittlerweile scheint auch eine Lockerung bei der nächsten FOMC-Sitzug im Juli vom Tisch zu sein. Kaum überraschend war auch, dass Powell der US-Wirtschaft bescheinigte, insgesamt in solidem Zustand zu sein. Trotz der hohen Unsicherheit über den weiteren Verlauf der Konjunktur sei die Arbeitslosenquote niedrig. Auch wies er darauf hin, dass die Teuerung deutlich zurückgegangen ist. In den kommenden Monaten rechne er aber mit „bedeutender Inflation“.

Powell relativierte das negative Wachstum im ersten Quartal. Hierzu hätten Importe, die Unternehmen im Vorgriff auf die Zölle getätigt hatten, beigetragen. Schließlich subtrahierten die überschüssigen Einfuhren 4,9 Prozentpunkte vom Bruttoinlandsprodukt (BIP). Ohne Berücksichtigung der Nettoexporte und Staatsausgaben sei die Wirtschaft von Januar bis März zugewachsen, stellte der Fed-Chef fest.

Risikofaktor Handelspolitik

Dann schlug er den Bogen zu den größten Risikofaktoren: Zutiefst verunsicherte Konsumenten, deren Ausgaben mehr als zwei Drittel des BIP ausmachen. Der Grund für die schlechte Stimmung: Sorgen um die Folgen der Zölle, die sowohl den Privatkonsum als auch Unternehmensinvestitionen drücken könnten.

Die Folgen für die Zinspolitik und die aktualisierten Prognosen: Die FOMC-Mitglieder sorgten für eine leichte Überraschung. Für 2025 hielten sie nämlich an ihrer Voraussage von zwei Zinssenkungen um jeweils 25 Basispunkte fest. Dies, obwohl sieben der Notenbankgouverneure sich für einen kompletten Verzicht aussprachen. Für 2026 gehen die Währungshüter nach jetzigem Stand aber von einer anstelle von zwei Lockerungen aus. Von zwei Zinssenkungen waren sie noch im März ausgegangen. 

Zinssenkung nicht vor September

Ähnlich schätzen die Märkte den weiteren Kurs der US-Geldpolitik ein. Nach der Sitzung unterstellte das FedWatch Tool der CME Group mit einer an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit, dass der Zielkorridor für den Tagesgeldsatz auch im Juli bei 4,25% bis 4,5% bleiben wird. Im September besteht dann die Chance eine Senkung um 25 Basispunkte, wobei die Erwartungen noch erheblichen Schwankungen unterliegen könnten.

Dass es kaum Abweichungen gab, liegt daran, dass die Fed nicht weiß, in welche Richtung sich die Wirtschaft weiterentwickeln wird. Schließlich unterstellt das FOMC nun sowohl für das laufende als auch das kommende Jahr ein schwächeres Wachstum und eine höhere Arbeitslosenquote. So glaubt die Notenbank, dass die Wirtschaftsleistung 2025 um 1,4% und nicht, wie im März unterstellt, 1,7% zunehmen wird. 

„Moderate“ Gefahr einer Stagflation

Auch sei eine Arbeitslosenquote von 4,5 anstelle von 4,4% zu erwarten. Begleitet werden diese Werte aber auch von der Annahme höherer Inflation, und zwar in beiden Jahren. Demnach werde der PCE-Deflator, das bevorzugte Inflationsmaß der Fed, im laufenden Jahr um 3,0% und ohne die volatilen Energie- und Lebensmittelpreise um 3,1% anziehen. Vor drei Monaten hatten die Währungshüter noch Werte von 2,7% und 2,8% vorausgesagt.

Die neuen Prognosen unterstreichen eine Gefahr, die Powell nicht wörtlich aussprach. Gleichwohl ließ er durchblicken, dass die Kombination aus Inflationsrisiken und potenzieller wirtschaftlicher Abschwächung die Fed in die Bredouille bringt. „Die Möglichkeit einer Stagflation ist von gering auf moderat gestiegen“, sagte Frances Donald, Chefökonomin bei RBC Capital Markets. Eine undankbare Aufgabe für Powell, der sein mutmaßlich letztes Amtsjahr gerade angesichts der politischen Drucks mit einem Erfolg bei der Stabilisierung der Wirtschaft krönen möchte.

Trump verschärft Kritik

Schließlich ließ es sich Trump selbst am Tag der FOMC-Sitzung nicht nehmen, den Notenbankchef unter Beschuss zu nehmen. Er forderte erneut Zinssenkungen und sagte, dass „ein dummer Mensch“ bei der Fed die Geschäfte führt. „Kann ich mich selbst für den Posten ernennen?“, stellte er Reportern eine rhetorische Frage. „Ich würde nämlich auf jeden Fall einen besseren Job machen“. Die Kritik aus dem Weißen Haus ließ Powell aber kalt. Ihn interessiere nur, was er jetzt zu tun habe, nämlich die Inflation in Schach zu halten und die Vollbeschäftigung sicherzustellen.

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